Das Konsumdenken eines 4-jährigen Mädchens

 Christiane Schuster Frage an Christiane Schuster Sozialpädagogin

Frage: Das Konsumdenken eines 4-jährigen Mädchens

Liebe Frau Schuster, Nun, ich dachte immer: mich würde es nicht treffen. Ich habe schließlich ein pädagogisches Studium absolviert und es gibt wirklich wichtige Dinge, auf die man Wert legen müsste. So wollte ich auch unser Kind erziehen. Es sollte sich nicht vom Materialismus unserer Gesellschaft beeinflussen lassen. Dem Konsumrausch könnte man ja schließlich durch richtige Erziehung entgegenwirken. Dachte ich... Jetzt habe ich letzte Woche von einer Studie gehört, die das Ergebnis veröffentlichte. dass der Einfluss der Clique deutlich mehr Druck auf ein Kind ausübt als immer angenommen. Dass z.B. der Entschluss des „Rauchen-Wollens“ auch mit von diesem Einfluss bestimmt wird. Hat schon der Freundeskreis im Kindergartenalter einen derart großen Einfluss? Kann ein 4-jähriges Kind sich nicht mehr über kleine Dinge freuen, die es zum Kindergeburtstag geschenkt bekommt? Müssen es tatsächlich Barbies sein, oder unbedingt Geschenke, die im Geschenkpapier verpackt sind? Nun, meine Tochter hatte am 22. November ihren 4. Geburtstag und wurde – wie ich meinte – reich beschenkt. Nur, ihre Freundin bekam zum Kindergeburtstag zwei Barbies geschenkt. Bei ihr war keine dabei. Eine tolle Holzkette im Geschenkkarton wurde von ihr als „kein richtiges Geschenk“ tituliert. Von Oma bekam sie ein Geschenk, das nicht in Geschenkpapier eingepackt war. Vom Geld der Patin, wofür sie sich Barbiekleider kaufen durfte, kaufte sie sich dann doch eine Barbie mir großem Glitzerkleid, weil die mehr hermachte als das läppische Barbiekleid in der viel kleineren Verpackung. Allerdings spielt sie jetzt nicht mit ihr. Nach dem Kindergeburtstag, nachdem ihre drei Freundinnen gegangen waren, meinte sie zu mir: bastelst du jetzt etwas mit mir? Als hätte ich am Nachmittag mich nicht genug mit ihr beschäftigt. Jetzt war heute Nikolaustag. Schon gestern meinte sie, der Nikolaus würde Geschenke bringen, was ich aber verneinte und ihr erklärte, dass es an diesem Tag kleine Geschenke gäbe, weil wir an den hl. Nikolaus denken, der arme Kinder beschenkte. Nun gut. Heute morgen ging sie erwartungsvoll zur Haustüre. Der Stiefel war gefüllt mit Schokoladensachen, dazu noch tolle Glitzerweihnachtsaufkleber. Im anderen Stiefel zum Aufhängen waren Nüsse, und eine Benjamin Blümchen Kassette. Nach einer Weile meinte sie dann: Und wo sind die Geschenke??? Ich war tief getroffen. Ich war wütend. Ich war deprimiert. Ich hatte das Gefühl, in meiner Erziehung total versagt zu haben. Und das mit pädagogischen Kenntnissen. Ist es wirklich wahr, dass die Kinder von heute zu egoistischen Konsummonstern erzogen werden. Zählen die Kinder als Exoten, die mit weniger zufrieden sind? Warum muss ein Mädchen mit vier Jahren schon einem solchen Druck ausgesetzt sein, mit ihren Freundinnen mithalten zu müssen? eine nachdenkliche Cella

Mitglied inaktiv - 06.12.2001, 11:09



Antwort auf: Das Konsumdenken eines 4-jährigen Mädchens

Hallo Cella Leider haben Sie Recht. Für anders denkende Eltern, zu denen ich mich auch zähle, wird es immer schwerer, den Kindern zu erzählen, dass es viel wichtigere Dinge als den Konsum gibt. Aber: Bleiben Sie von Anfang an bei Ihrer Meinung! Meine eigenen "Kinder" sind inzwischen froh gelernt zu haben, dass Geld und Geschenke viel weniger wert sind als ein liebevolles Wort, eine gemütliche Atmosphäre und vielleicht 2 oder 3Karten von der Patentante statt eines Geschenkes. Erzählen Sie Ihrer Tochter, dass man immer ein wenig anders sein muß als die Anderen, damit man überhaupt beachtet wird. Von Middelhauve gibt es doch das schöne Buch vom "Regenbogenfisch", indem genau der Fisch, der anders als die anderen Fische aussah, später im Mittelpunkt des Geschehens stand. Wenn es jetzt noch die Barbies sind, ist es bald die Markenkleidung, oder der Schulranzen, den Alle meinen haben zu müssen. Später dann das Rauchen, der Alkoholkonsum... Dass Ihre Tochter nachmittags mit Ihnen basteln wollte, statt sich mit den Geb.-Geschenken zu beschäftigen, zeigt doch, dass der steinige Weg, den Sie einschlagen, langfristig der richtige Weg ist und eben nicht "auf Sand gebaut" ist. Machen Sie Ihre Tochter stark, diesem Druck von äußeren Beeinflussungen Stand zu halten, indem Sie selbst Stärke zeigen (zumindest nach außen hin). Begründen Sie weiterhin, warum es zu Nikolaus bei Ihnen keine Geschenke gibt. Erzählen Sie, was es früher für die Kinder gab und wie sehr sich darüber gefreut wurde. Da heute viele Menschen aber genug zu essen und zu trinken haben, man ihnen aber dennoch zeigen möchte, wie schön es ist, von Anderen gesehen und beachtet zu werden, gibt es Leckereien, die man nicht unbedingt zum Leben braucht!- Halten Sie diesen ständigen Kampf durch und vermitteln Sie Ihrer Tochter Ihre Vorstellung von Werten. So wird sie später fähig sein, selbst entscheiden zu können, welchen Weg sie gehen möchte.- Einen friedlichen Advent und: bis bald?

von Christiane Schuster am 06.12.2001