Frage: Jodbedarf ohne Schilddrüse

Lieber Herr Dr. Costa, ich hatte vor Jahren eine Radiojodtherapie und habe somit keine Schilddrüse mehr. Nun sagt jeder Arzt etwas anderes zum Jod. Das ist verwirrend. Ich habe ein paar Mal 50 Mikrogramm genommen und hatte (wahrscheinlich) daraufhin stark juckende Augen und starkes Niesen sowie eine zu geschwollene Nase. Ich gehe davon aus, dass dies vom Jod ist, weil ich mich wie sonst ernährt habe und sonst auch alles wie sonst war. Meine Fragen sind nun: - früher mussten die Frauen kein Jod nehmen in der Schwangerschaft, warum soll man es heute nehmen? - wieviel Jod benötigt der Fötus? - steht meine Jodaufnahme über die Nahrung unbeschränkt dem Baby zur Verfügung, da ich keine Schilddrüse mehr habe? - welche Nachteile hat es für das Kind, wenn die Jodaufnahme verringert ist? - muss man diese Tabletten nehmen, oder reicht die Aufnahme über die Nahrung, wie es ja früher auch gereicht hat? VG und vielen Dank für die Beantwortung der Fragen :) Janini 86 SSW 13+6

Mitglied inaktiv - 08.11.2016, 16:47



Antwort auf: Jodbedarf ohne Schilddrüse

Ihre Frage ist nicht einfach zu beantworten und das erklärt die unterschiedlichen Antworten, die Sie von den befragten Ärzten erhalten haben. Entscheidend ist, dass Sie L-Thyroxin einnehmen - aber ich gehe davon aus, dass Sie ja das ohnehin machen. Es gibt sehr viel Literatur zum Thema der Jodeinnahme in der Schwangerschaft. In einer neulich veröffentlichten Arbeit der angesehenen internationalen "Endocrine Society" (Veröffentlicht in der Zeitschrift J Clin Endocrinol Metab 2013, Autoren: de Groot und Mitarbeiter) wird unmissverständlich empfohlen, in der Schwangerschaft 250 microgramm Jod, mindestens jedoch zwischen 150 - 200 microgramm Jod in Tablettenform (als Kalium-Jodid oder - Jodat) einzunehmen. Mit der Aussage, dass "früher die Schwangeren kein Jod zu sich nehmen mussten", kann ich nicht viel anfangen. Seit mindestens 20 Jahren gibt es gute medizinische Literatur zu diesem Thema und die Empfehlungen einer Jodeinnahme bestehen seitdem fort. Die Aufnahme von Jod über die Nahrung gilt als nicht ganz ausreichend, deswegen werden Jodtabletten empfohlen. Kinder mit Jodmangel können eine gestörte Schilddrüsenfunktion haben und die Entwicklung ihres Nervensystems einschließlich des Gehirns kann darunter leiden. Man schätzt, dass die meisten Kinder, die in ihrer geistig-motorischen Entwicklung zurückgeblieben sind, eine unzureichende Schilddrüsenfunktion durch fehlende Schilddrüsenhormone der Mutter und zu wenig Jod zur Verfügung hatten. Es ist also ein ernstes Problem. Dass Sie auf die Jodtabletten allergisch reagiert haben, kann viele Ursachen haben, aber das enthaltene Jod ist es nicht. Es wird angenommen, dass mindestens die Hälfte des Jod das Kind erreichen soll. Bei Neugeborenen beträgt den Bedarf etwa 100 microgramm / Tag. Meine Ausführungen hier sollten Sie bitte nicht dazu nutzen, sich selbst zu behandeln. Am geeignetsten sind es die Ärzte mit der Bezeichnung "Endokrinologie", also die Hormonspezialisten - suchen Sie bitte einen solchen Facharzt auf und besprechen Sie die ganze Situation mit ihm.

von Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa am 09.11.2016