Frage: übersteigerte Angst??? - sorry, sehr lang

Hallo Dr. Posth, ich habe eine Frage wegen meines Sohnes. Er ist jetzt fast 2 Jahre und 4 Monate alt. Er war schon immer etwas ängstlich, aber langsam wird es ziemlich schlimm. Es gibt fast nichts, wovor er nicht Angst hätte - beim Staubsauger rennt er weg, versteckt sich und brüllt im Notfall auch. Im Urlaub gab es wunderschöne Klettergerüste mit Rutsche extra für kleine Kinder. Er kletterte, brauchte aber fast 1 Woche, bis er alleine gerutscht ist. Dann waren wir mit ihm auf einem Spielplatz draußen. Dort ging es einen kleinen Abhang hinunter. Er wußte nicht, wie er am besten runter kommt. Da er mit dem Fuß etwas weggerutscht ist, hat er in Zukunft lieber den längeren Weg in Kauf genommen und ist an einer Stelle runter, wo der Abhang ganz flach war. usw. Wir versuchen, ihm seine Angst zu nehmen und ihm zuzureden. Aber scheinbar hat das keinen Sinn. Er traut sich irgendwie nichts zu und es mangelt ihm an Einfallsreichtum. Unser kleiner Sohn weiß z.Bsp., daß man Abhänge mit Stufen getrost rückwärts runter klettern kann. Unser Großer steht oben und brüllt und ruft "Kann nicht mehr". Leider ist er nun auch noch in er Trotzphase und hört nicht so gut auf uns. Wenn wir ihm also mit Worten helfen wollen, dann ignoriert er alles. Ich weiß mir langsam keinen Rat mehr, wie ich mit seiner übergroßen Angst umgehen soll. Ich bin manchmal ziemlich genervt deswegen. Aber ihm hilft das nicht - im Gegenteil. Ich neige dazu, wenn er Angst vor etwas hat, ihn einfach zu lassen (ich zwinge ihn nicht, seine Angst zu überwinden). Mein Mann meint aber, daß das nicht gut wäre, da unser Sohn lernen müßte, seine Angst zu überwinden. Was sagen Sie dazu? Wie können wir unserem Sohn wirklich helfen, daß er später nicht als Angsthase dasteht und nur ausgelacht wird? LG, Katrin + Lukas

Mitglied inaktiv - 05.07.2003, 15:06



Antwort auf: übersteigerte Angst??? - sorry, sehr lang

Liebe Katrin, was Ihr Sohn jetzt in seinem Alter zeigt, ist objektbezogene Furcht, welche das alte Angstgefühl in der Säuglingszeit in die -sagen wir- Bewußtseinsebene hebt. Praktisch jeder Säugling erlebt Unheimlichkeit und Angst. Konnte diese ausreichend in positive Erfahrung durch Beruhigung und Vertrauen umgemünzt werden, wurde der Weg frei für willentlich-kognitive Erfahrungssammlung mit ausreichender Beherrschung der Furcht. Gelang das aber in der Säuglingszeit nicht oder ist die Veranlagung für Angst zu groß, was es auch gibt, dann bleibt zuviel Angst im Inneren zurück und die wandelt sich in objektbezogene Furcht. (Leider wird im Sprachgebrauch nicht zwischen Angst und Furcht unterschieden). Wenn Sie jetzt diese Furcht autoritär (durch Druck und Zwang) aus ihm herausbringen wollen, verstärken Sie seine ursprünglichen Angstgefühle bis hin wieder zur Unheimlichkeit. Seine Ängste werden weiter zunehmen und sich auf an sich harmlose Naturerscheinungen oder Objektphänomene wie Dunkelheit, Lichteffekte, krabbelnde/surrende Insekten oder uneindeutige Geräusche ausdehnen. Es besteht die Gefahr, daß nicht ein Angsthase aus ihm wird, sondern ein Angstpatient. Es erfordert nun viel Einfühlungsvermögen und Behutsamkeit von Ihnen, seine Ängste aufzugreifen, bis zu einem gewissen Grade mit ihm zu teilen (rein strategisch), um sie dann gemeinsam mit Ihnen durch schrittweise Annäherung an die vermeindliche Gefahr abzubauen. Jedes Handeln, das auf radikale Änderung abzielt, wird unweigerlich zum Scheitern führen und damit u.U. zur drastischen Verschlimmerung. Ich sage das hier so deutlich, weil genau das immer wieder passiert, und weil sich daraus spätere Angsterkrankungen ableiten können. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 07.07.2003



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