Hallo Herr Dr. Posth. Sohn 2J10M forumsgemäß erzogen. Seit 1. Geburtstag in Kiga, leider mit 2 harten Ablösungen. Leben im Ausland als Deutsche. Seit August in große kiga-gruppe (25K/4E). Sohn jüngstes Kind. Versteht Fremdsprache gut, beginnt zu sprechen, deutsch super. Im kiga unsicher, müde, wandert viel rum. Die Nähe der Erzieher ist ihm noch sehr wichtig. Zu hause unglaubliche Spielfantasie, seit sept. extrem trotz und Wutausbrüche. Vater präsent. Will am liebsten nur zur Papa zur Zeit. Vorher ganz viel Mama. Dachte eigentlich, dass unsere Bindung sicher ist. Aber er wirkt so unsicher im kiga. Zu Hause sicher und fröhlich. Grund? Trotz noch altersentsprechend? Wann setzt Selbstbewusstsein ein? Was können wir tun? Vieken Dank!
von
Polly80
am 04.11.2013, 09:23
Antwort auf:
Wut und Trotz
Hallo, viele Fragen, die sich auf zwei wesentliche Dinge zusammenziehen lassen. Loslösung über den Vater bedeutet nicht Bindungsverlust zur Mutter. Das ist ganz wichtig für das Verständnis der Bindungsverhältnisse im frühen Kindesalter. Im gezielten Suchlauf gibt es das Stichwort "Loslösung" zum Lesen. Leider gibt es noch zu wenig Verbreitung dieser fundamentalen Entwicklungsprozesse im frühen Kindesalter. Über die Loslösung findet das Kind viel besser zu sich selbst, wobei eine neue Bindung zum Vater entsteht. Die Bindung zur Mutter ist aber tief verinnerlicht und bleibt bestehen.
Die Fähigkeit zu einem reifen Sozialverhalten ist unter 3-4 Jahren immer noch schwierig. Viele Kinder schaffen die notwendigen Schritte noch nicht. Sie sind auf eine Bezugserzieherin als Ersatzbezugsperson angewiesen. Genauso verhält sich auch bei Ihrem Sohn. Bei einem Erzieherinnen-Kind-Schlüssel von 1:6 ist es aber schwierig, den notwendigen Erzieherinnenkontakt über den Tag aufrecht zu erhalten. Dazu kommt die Erfahrung der harten Ablösung. Ihr Sohn steht also unter enormem Druck in seinem Ki-ga und lebt seine Anspannung zu Hause dann aggressiv aus. Das ist sicher eine wesentliche Ursache seiner Wutausbrüche.
Selbstbewusstsein entsteht durch sichere Bindungsverhältnisse und viele positive Selbstzuschreibungen (Attributionen). Also alles, was ein Kind stolz macht, dient dem guten Selbstbewusstsein. Vielleicht kommen Sie mit diesen Antworten weiter. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 08.11.2013