Windpocken- Impfung in diesem Fall erforderlich zuzumuten?

Dr. med. Rüdiger Posth Frage an Dr. med. Rüdiger Posth Facharzt für Kinderheilkunde, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut

Frage: Windpocken- Impfung in diesem Fall erforderlich zuzumuten?

Lieber Hr Dr. Posth, wir hatten vor längerer Zeit schon Kontakt wg. unseres Sohnes, jetzt 4J.,mit schwierigem Temperament.Wir erziehen ihn im Sinne diesen Forums u es lohnt sich: er und alles hat sich sehr gut entwickelt!Nun melde ich mich wieder mit einer Frage, die gleichzeitig medizinischer und psychosozialer Natur ist: wir erwarten im Januar (endlich)unser 2.Kind. Unser Sohn wurde nicht gegen Windpocken geimpft u hatte sie bisher auch noch nicht. Ich bin immun,das Ungeborene ist also geschützt. Nun hat uns der KiA geraten, den Großen vor der Geburt impfen zu lassen für den Fall,dass er um den Geburtszeitpunkt erkrankt. Wir wollten unserem Sohn das gerne ersparen weil er im letzten Jahr mit viel Mühe endlich die Angst vor dem KiA abbauen konnte.Impfungen vorher waren immer furchtbar. Andererseits wollen wir unser Baby natürlich auch nicht gefährden. Hat es keinen Nestschutz?Wie lange wäre eine Infektion gefährlich? Was raten Sie uns hier? Vielen Dank und herzliche Grüße, Johanna

von JohannaK am 05.09.2011, 08:26



Antwort auf: Windpocken- Impfung in diesem Fall erforderlich zuzumuten?

Hallo, die Fakten lauten: wenn die Mutter gegen Windpocken immun ist, ist der Fetus geschützt bis über die Geburt hinaus (Nestschutz). Aber dann endet der Immunschutz im Laufe der ersten Lebenswochen. Anders bei Masern, Röteln etc, bei denen der immunschutz oft bis zum Ende des ersten Lebensjahres reicht. Warum das so ist, ist einstweilen noch unbekannt. Nun ist es aber so, dass das nur die Säuglinge durch die Varizellen-Encephalitis gefährdet sind, die unmittelbar vor und unter der Geburt infiziert werden, was nur bei nicht immunisierten Müttern möglich ist. Sobald die Kinder auf der Welt sind und infiziert werden z.B. durch ein Geschwisterkind, beginnt ihr eigenes Immunsystem sie zu schützen. Dabei muss man bedenken, dass die Inkubationsszeit im Durchscnitt 14 Tage dauert, so dass das Neugeborene schon mindestens 2 Wochen alt ist, bevor es erkrankt. Subjektiv gesehen muss es schon mit dem Teufel zugehen, dass ausrechnet das gerade geborene Kind infiziert wird. Davor kann man es ja auch schützen, in dem das ältere Kind sofort separiert wird, wenn Windpockenverdacht besteht. Und genauso geht im Zweifelsfall vor. Im Notfall kann man dem Neugeborenen sogar Hyperimmunglobulin geben, um es zu schützen. Das hat man früher häufiger gemacht, wenn "Gefahr im Verzug war". Davon ist man aber ziemlich abgekommen. Säuglinge erkranken, wenn sie älter sind, übrigens nur schwach an den Windpocken, erwerben aber auch keine gute Immunität. Die Windpockenimpfung, wenn es nur 1 ist, erzielt nur einen Immunschutz von ca. 80%. Erst mit der zweiten Impfung nach 4-8 Wochen wären über 90% erreicht, behauptet wenigstens der Impfstoffhersteller. Auch das ist zu bedenken. Aber die Entscheidung müssen leider Sie selbst treffen. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 07.09.2011