Sehr geehrter Herr Dr. Posth,
Ich wende mich an Sie wegen meiner 3 jaehrigen Tochter. Sie war leider fuer laengere Zeit mit einer Hueftdysplasie in Behandlung und hatte dadurch wenig Kontakt mit anderen Kindern. Ich war allerdings immer bei ihr. Seit dieser Zeit faellt es ihr anscheinend sehr schwer, mit anderen Kindern zu spielen oder einfach nur in ihrer Naehe zu sein. Sie kommt ganz gut klar mit Kindern, die sie kennt oder mit aelteren Kindern. Aber grosse Gruppen und viele Kinder auf einmal ueberfordern sie total. Wir leben im Ausland (Australien) und da ist es eher ueblich, die Kinder bis zum dritten Lebensjahr sowieso zu Haus zu lassen. Erst so ab 4 Jahren faengt die Eingewoehnung im Kindergarten an. Wir sind also immer zusammen und besuchen Spielgruppen, Musikgruppen usw. Ich bleibe bei ihr, naehere mich anderen Kindern mit ihr, bleibe in ihrer Naehe. Allerdings sehe ich keine grossen Fortschritte. Wie kann ich ihr Selbstvertrauen staerken? Danke und GLG aus down under. Grittli
von
grittli
am 17.03.2014, 07:17
Antwort auf:
Wenig Selbstvertrauen gegenueber anderen Kindern
Liebe Grittli, interessant zu wissen, dass man in Australien das natürliche Sozilisationsprinzip des Menschen noch beachtet und den Kinder 3 Entwicklungsjahre lang Gelegenheit gibt, ihr Selbst innerhalb der Familie einigermaßen reif auszubilden. So war es früher in Europa auch noch üblich, aber jetzt meint man -hauptsächlich aus staats-ökonomischen Gründen- die Kinder schon unter 3 Jahren gemeinschaftlich großziehen zu müssen. Aber Ihre Tochter ist selbst mit 3 Jahren noch nicht so weit, um sich in der Gruppe der Gleichaltrigen schon durchsetzen zu können. Ob das etwas mit der anfänglichen Hüftdysplasie zu tun hat, weiß ich nicht. Es kann ebensogut auch mit charakterlichen Anlagen zusammenhängen.
Ein reifes und selbstvertrauen erzeugendes Selbst entsteht aus einer sicheren Bindung, einer gelungene Loslösung (über den Vater) und ausreichend positiven Attributen der eigenen Person. Wie klappt es denn mit der Loslösung? Ausreichend positive Zuschreibungen, nehmen ich an, wird Ihre Tochter bekommen. Die innere Reife muss man dann abwarten, denn die Entwicklung lässt sich ebenso wenig künstlich beschleunigen wie die der Sprache oder Motorik. Die Hilfestellungen, die Sie ihrer Tochter dabei gewähren, sind jedenfalls richtig und sind Teil der positiven Attribution. Ihre Tochter wird dabei immer mehr Selbstständigkeit entwickeln und sich automatisch mehr zutrauen. Sie dürfen ihr allerdings aus Gründen mütterlicher Fürsorge nicht alles abnehmen wollen. Aber dann wird es funktionieren. Viele Grüße nach Australien
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 18.03.2014