Lieber dr posth,
erst einmal vielen dank für ihr großartiges forum! Mein anliegen: mein sohn (11 wochen) kann seit neuestem nur noch mit weinen einschlafen. Vor jedem einschlafen (vor allem tagsüber) fängt er an zu jammern, das dann in starkes weinen übergeht. Dabei fallen ihm die augen zu, die er aber immer wieder aufreißt. In der täglichen "abendlichen schreistunde" ab sechs uhr geht das weinen sogar in starkes gebrüll über. Wenn ich ihn hochnehme und rumtrage und ihm gut zurede dauert das weinen jedes mal bis zu einer stunde, stecke ich ihn gleich ins tuch, schläft er nach zehn min ein. Meine frage: soll ich ihn begleitend (also tragend) länger schreien lassen, weil er vielleicht etwas (seine schwere geburt) verarbeiten muss und diesen stress auf diese art abbauen kann oder lieber seine (und meine :-)) nerven schonen und eben gleich ins tuch stecken? Wie kann ich es ihm allgemein das einschlafen erleichern?
Danke und lg jana
von
jane1807
am 28.10.2013, 12:15
Antwort auf:
weinen vor jedem einschlafen
Liebe Jana, die Behauptung, ein Säugling verarbeite durch Weinen oder Schreien sein Geburtstrauma, ist meines Erachtens ein weit hergeholte Hilfskonstruktion, Müttern die Sorge zu nehmen, sie könnten etwas falsch machen. Für das Schreien am Abend gibt es Erklärungen, die im Biorhythmus des Menschen zu suchen sind und in dem Gefühl einer Grund- oder Urangst, die jeden Säugling in Abhängigkeit seiner Veranlagung befällt. Könnte man die Säuglinge in ein funktionelles MRT stecken und schauen, was da im Gehirn aktiv ist, dann sind es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Angstzentren.
Aber intuitiv spürt man das als erwachsener Mensch auch ohne technische Hilfsmittel. Der Schrei ist immer ein Signal der Not und je schneller diese Not zu beseitigen ist, desto besser. Denn daraus erwächst das Urvertrauen des Säuglings in seine Bindungspersonen. Dieses Urvertrauen in die Bindungspersonen ist dann so etwas wie ein Lebensversicherung für die Bedrohungen, die im späteren Leben auftauchen und die nie ganz zu vermeiden sind. Also packen Sie Ihren kleinen Sohn möglichst gleich in das Tragetuch oder Tragesäckchen und gehen mit ihm herum, damit er schnell zur Ruhe kommt. Viele Grüße und danke für Ihr großes Lob.
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 01.11.2013