Frage: Wegwerfen

Hallo Dr. Posth, vielen Dank für das Beantworten meiner langen Anfragen einmal muß ich Sie aber leider noch belästigen, ich weiß aber auch nicht ob das in dieses Forum hier hingehört: Mein Sohn wirft oft Sachen weg z.B. er ist mit dem Trinken fertig und schmeißt seinen Becher weg, oder sein Würstchen, Brot usw. Ich hebe es immer wieder auf und gebe es ihm, meist ißt er dann weiter oder er schmeißt es erneut weg dann gebe ich es ihm nicht mehr. Er fordert mich aber auch oft auf das weggeschmissene aufzuheben durch Fingerzeig und Dada-Rufe. Warum macht er das ? Testet er aus was passiert ? Warum nichts wiederkommt ? Oder wie ? Vielen Dank das war jetzt meine letzte Frage. Liebe Grüße Sandra

Mitglied inaktiv - 23.06.2003, 21:22



Antwort auf: Wegwerfen

Liebe Sandra, wie hier schon einmal erklärt: im Wegwerfen testen ältere Säuglinge und Kleinkinder zwei Dinge: nämlich erstens die Wirkungsweise ihres Handelns, daß sie, wenn sie einen Gegenstand loslassen oder werfen, dieser fliegt und abstürzt. Da sie ja selbst auch hinfallen, wenn sie stolpern, muß eine Kraft existieren, die alles zu Boden zieht, die Schwerkraft! Das sind die ersten Kausalschlüsse im leben eines Menschen. Da die Kinder diesen Elementarakt nicht bei zwei oder dreimal verstehen, machen sie es dauernd (Empirie). Da die Kleinkinder auch noch nicht analog schließen können, machen Sie es bei jedem Gegenstand aufs Neue ("es könnte ja einer darunter sein, der fliegt"). Nur Pech, wenn es der Porzellanteller von Omi war! Zweitens testen die Kleinkinder ihre Authentizität, was soviel heißt wie: hier wirft einer, der bin ich. Und die Icherfahrung steht derzeit ganz dringlich im Raum. Das Kleinkind muß sich ja aus der engen Mutter-Kind-Bindung lösen und (s)ein Selbst werden. Ich und Selbst gehen aber Hand in Hand und benutzen diese geistigen (kognitiven) Erfahrungen. Wieviel und wie heftig geworfen wird, hängt natürlich auch mit den Charakteranlagen zusammen, eine Eigenschaft des Menschen, die wir im besten Sinne als Impulsivität bezeichnen. Problematisch wird die ganze Sache dann, wenn Ärger und Wut, Impulsivität und Wurflust zusammenkommen, was bei der Aggression auftritt. Impulsivität ist ein beliebter Affekt der Wut und Aggression ist die Fortsetzung des komplex-sozialen Gefühls der Wut, das schon im Säuglingsalter bei deutlichen Störungen in der Aufeinanderabstimmung der Gefühle zwischen primärer Bezugsperson (Mutter) und Säugling auftritt. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 25.06.2003