Was meinen Sie sollte ich mein Kind wirklich nicht auf den Arm nehmen?

Dr. med. Rüdiger Posth Frage an Dr. med. Rüdiger Posth Facharzt für Kinderheilkunde, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut

Frage: Was meinen Sie sollte ich mein Kind wirklich nicht auf den Arm nehmen?

Lieber Dr. Posth, ich gewöhne meinen Sohn, 3 J. 3 Monate alt, in der Kita ein. Ich habe insgesamt eigentlich einen guten Eindruck von der Einrichtung. Allerdings kam es bereits am ersten Tag zu einer Rangelei mit einem anderen Kind und mein Sohn reagierte darauf mit extremem Schreien. Später wiederholte sich dies, als ihm etwas abgeschlagen wurde. Ich selbst hatte den Eindruck, dass mein Sohn einfach sehr gestresst ist und daher heftiger reagiert. Er hatte allerdings auch schon einmal eine Phase, wo er viel gehauen und sogar gebissen hat. Seit einem Dreivierteljahr ist das aber kein Thema mehr. Nun meinte eine Erzieherin, mein Sohn würde das Schreien als Methode einsetzen und ich solle auf seinen Wunsch, von mir auf den Arm genommen zu werden, nicht reagieren. Wie schätzen Sie die Situation ein? Ich bin AE, daher ist mein Sohn sicherlich sehr auf mich fixiert. Ich möchte aber auch nicht, dass er abgestempelt wird. Er ist ansonsten nämlich sozial kompetent und kontaktfreudig. Danke

Mitglied inaktiv - 28.03.2011, 00:28



Antwort auf: Was meinen Sie sollte ich mein Kind wirklich nicht auf den Arm nehmen?

Hallo, das Problem der von der Mutter allein großgezogenen Kinder ist das fehlende Loslösungsvorbild (s. Loslösung im gezielten Suchlauf). Einige Kinder haben Glück und finden in der Familie ein Ersatzloslösungsvorbild. Aber viele Kinder erkämpfen sich den Schritt in die Selbstständigkeit aggressiv bei ihren Müttern. Das sind keine idealen Voraussetzungen. Diese Kinder behalten ihr aggressive Potenzial oft bei, es sein denn, sie wären von Natur sehr defensiv veranlagt. Neben der Aggression gibt es aber immer wieder auch eher regressive Verhaltensweisen, insbesondere dann, wenn Konflikt auftauchen. Die Flucht auf den mütterlichen Arm zurück ist beredtes Zeichen dessen. Diesen Rückzug nun einem Kind zu verweigern bedeutet, nichts von seinem Problem verstanden zu haben. sie können Ihren Sohn also guten Gewissens auf den Arm nehmen und beruhigen. Sie können ihm allerdings durch die Erklärung einer Regel jetzt klarmachen, dass er dafür nicht zu schreien braucht. Denn das ist ja hauptsächlich, was ihm Misskredit einbringt. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 28.03.2011