Lieber Hr. Posth, der Waldkiga, in den Sohn mit knapp 4J kommen soll, hat folg. Praxis: die ersten 2 Tage dürfen die Eltern noch mitkommen. Danach werden sie von den Kindern gemeinschaftlich (auf Geheiß der Erzieher) weg-/rausgeschubst, Eltern MÜSSEN dann gehen. Angebl. soll das die Trennung erleichtern. Alle Eltern machten bisher mit. Mir widerstrebt das sehr, weil es nicht zu uns passt. Was halten Sie von dieser Praxis?
Bzgl. der nur 2 Tage Eingewö.zeit sagte die Erz., in einem Waldkiga würde den Kindern die Trennung leichter fallen, da mehr Freiraum. Stimmt das oder nur Schutzbehauptung? Wenn ich länger dabei wäre, würden alle Kinder ihre Mütter/Väter auch wieder dabei haben wollen. Außerdem nerve es die Erz., mehrere Eltern über einen längeren Zeitraum dabei zu haben. Ich glaube, dass letzteres der Grund für diese Praxis ist. Was sagen Sie dazu? Danke für die wertvolle Zeit, die Sie sich für dieses Forum nehmen! Es ist ein unschätzbarer Wert für uns Eltern!
Mitglied inaktiv - 31.01.2011, 10:45
Antwort auf:
Was halten Sie von der Kiga Praxis?
Verspätete Antwort durch familiären Trauerfall
Stichwort: sanfte Ablösung
Hallo, man hat den Eindruck, als legten sich viele Kindergärten die Begründungen für das schnelle Verabschieden der Eltern im Grundkonzept nach ganz eigenen Regeln fest. So wie sie auch das Erziehungskonzept nach subjektiven Vorstellungen erarbeiten. Leider richten sie sich selten oder gar nicht nach neuen Erkenntnissen zur der schon immer schwierig gewesenen Übergangssituation. Für alle U3 Kinder fordern alle ernst zu nehmenden Fachgesellschaften inzwischen die sanfte Ablösung, wobei das Berliner Modell ein aus der Verhaltenstheorie entnommenes, verhältnismäßig starres Programm ist. Es bildet längst nicht jedes Kind in seinem Reglement ab.
Bei 4-jährigen Kindern sind dann andere, glockerte Maßstäbe anzuwenden. Die Zeit zwischen 3 und 4 Jahren zeigt bei den Kleinkindern sehr unterschiedliche Reifezustände. Da muss man sehr flexibel verfahren.
Aber alle diese Überlegungen sind für die klassische frühkindliche Pädagogik samt der damit verbundenen Ausbildung Neuland und finden in die Praxis nur schwer Zugang. Denn die neuen Erkenntnisse erfordern viel mehr Anstrengung, einen höheren Zuwendungseinsatz, kleiner Betreuer-Kind-Schlüssel und eine sog. Erziehungspartnerschaft mit den Eltern. Wir Kinder- und Jungedärzte kennen dieses Prinzip inzwischen seit vielen Jahren und können gar nicht mehr anders arbeiten. Wir würden es Therapiepartnerschaft nennen. Aber auch in der Kinderheilkunde hat es im vergangenen Jahrhundert jahre gedauert, bis sich dieses Prinzip zum Wohle des Kindes durchgesetzt hat. Sie alle, die Eltern, die die sanfte Ablösung für ihre Kinder in den Kindergärten und Ki-tas durchsetzen sind die fortschrittlichen! Das sollten Sie sich auf Ihre Fahnen schreiben. Den Dank Ihrer Kinder haben Sie sicher, den der Gesellschaft im Moment noch nicht. Nur nebenbei, ich auch nicht!. Viele Grüße und danke für Ihr großes Lob
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 06.02.2011