Frage: Unbeschwert

Hallo, unser Sohn (4 Monate) ist ein echter Sonnenschein. Er lacht fast den ganzen Tag, strahlt vor sich hin, gluckst und brabbelt, weint sehr selten, kann gut auch mal ein Weilchen alleine spielen, schläft abends problemlos ein (wenn auch nicht durch) - kurz, er macht unsere Erst-Elternschaft zu einem echten Vergnügen. Gestern haben mein Mann und ich überlegt, ob er durch sein Verhalten zeigt, dass wir es in seinem Sinne und richtig machen und dass es ihm bei uns an nichts fehlt. Ist es eigentlich zu früh, das aus seinem Verhalten abzuleiten? Sind die meisten Kinder in diesem Alter noch vergnügt und unbeschwert, unabhängig von den Umständen? Von einer sicheren Bindung (die unser Ziel ist, siehe ihr Text über das emotionale Bewusstsein), kann man sicher jetzt noch nicht sprechen, oder? Wann zeigt sich, ob die wirklich geglückt ist? Ist ein fröhlicher und unbeschwerter 4-monatiger Säugling ein Indiz dafür, dass man auf dem richtigen Weg ist? Oder trennt sich erst später die Spreu vom Weizen? Viele Grüße von Steffi, die jetzt gar nicht so genau weiß, ob Sie verstanden haben, was sie eigentlich ausdrücken wollte...

Mitglied inaktiv - 21.01.2004, 14:25



Antwort auf: Unbeschwert

Liebe Steffi, fishing for compliments ist schon in Ordnung. Es gibt wahrscheinlich viel zu wenig Menschen, die diese enorme Leistung richtig zu würdigen wissen, die junge Eltern aufbringen, um ihre Säuglinge und Kleinkinder seelisch gesund aufwachsen zu lassen. Da liegt in unserer Gesellschaft immer noch ein riesiges Mißverständnis (nur in unserer?), daß nur das nämlich Gültigkeit besitzt, was die körperliche Seite der menschlichen Existenz betrifft. Jeder sagt, das ist aber ein propperes Baby und meint die Pausbäckchen und die Speckröllchen. Es ist auch heutzutage selbstverständlich, daß ein Säugling gesund ist und sich flink entwickelt. Der kann aber schon toll krabbeln heißt es, und sie mal der steht schon! Und ach, was ist die kleine süß mit dem ersten Zöpfchen auf dem Kopf, usw., also das Aussehen spielt eine immense Rolle. Letztes sah ich eine Ausschnitt im Fernsehen, da ging es um ein Baby-Casting????? Aber ob sich ein Säugling glücklich entwickelt, ob er Bindungsbestrebungen zeigt und diese im Fremdeln zum Ausdruck bringt (muß ja kein starkes Fremdeln sein), ob er anhänglich ist und nach seiner Mutter weint, wenn diese nicht da ist, sich aber sofort beruhigt, wenn diese zuückkommt, ob er Widerstand leistet und seinen Willen zum Ausdruck bringt, also alle diese entscheidenden Dinge, die dem Menschen eine gesunde Persönlichkeit verleihen und ihn zu einem wertvollen Mitgleid der menschlichen Gesellschaft machen, für die interessiert sich, mit Verlauf gesagt, keine Socke. Also spricht nichts dagegen, ein Lob für das eigene Engagement einzuheimsen. Es motiviert sie ja, weiter in diese Richtung zu gehen, um das Wohl Ihres Nachwuchses zu erhalten. Natürlich kommt immer auch ein gutes Stück glückliche Veranlagung beim Kind dazu. Aber das schmälert die Leistung überhaupt nicht. Ob eine stabile Bindung zustande gekommen ist, das stellen Sie im Laufe des ersten Lebensjahres sowieso fest, dazu brauchen Sie gar keine Wissenschaft. Und wie stabil diese Bindung ist, das sehen Sie dann, wenn es zu Umbrüchen in der Eltern-Kind-Struktur kommt oder kleine Krisen unvermeidlich sind. Die Aufgabe der psychologischen Wissenschaften liegt nicht darin, besserwisserisch zu sein oder so zu tun, als ginge ohne sie nichts mehr. Sie liegt vielmehr darin, Störungsforschung zu betreiben, um die Ursachen solcher im Einzelfall sich schlimm auswirkenden Beziehungsfehler von vornherein zu verhindern. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 24.01.2004



Antwort auf: Unbeschwert

Hallo, was mir beim Lesen deines Textes spontan in den Sinn gekommen ist: Warum setzt ihr euch selbst bloß so unter Erfolgsdruck? Weshalb orientiert ihr euch an verhaltenspsychologischen Schemata, statt einfach auf das zu hören, was ihr seht und empfindet? Euer Sohn ist unbeschwert und glücklich, das ist doch wunderbar! Natürlich ist das längst nicht bei jedem Kind so, auch nicht in den ersten Monaten. Und dass es jetzt so ist, ist auch keine Garantie dafür, dass es immer so bleiben wird. Ich würde an eurer Stelle einfach versuchen, euren Sohn so glücklich wie möglich zu machen (indem ihr ihn liebt und akzeptiert, so, wie er ist) und euch kein wie auch immer geartetes theoretisches Leistungsziel für eure Erziehung zu setzen. Das kann früher oder später nur zum Krampf werden, weil keine noch so durchdachte Erziehung immer optimal funktioniert. Dazu gibt es (sollte ich sagen, Gott sei Dank?) zu viele Unwägbarkeiten im Leben. Ich würde einfach versuchen, auf dem Teppich zu bleiben, glückliche Momente mit eurem Sohn zu genießen und den ganzen theoretischen Ballast ein wenig beiseite zu schieben... Aus meiner Erfahrung im Bekanntenkreis sind gerade die Kinder, deren Eltern eine sehr "wissenschaftliche" Herangehensweise an ihre Erziehung haben, die problematischsten (wie ich vermute deshalb, weil diese Eltern vollkommen kopfgesteuert reagieren und Kinder damit häufig nicht viel anfangen können, weil sie sehr feine Antennen für die tatsächliche emotionale Stimmung dahinter haben). Aber das ist nur meine eigene, unmaßgebliche Meinung. LG Nicole

Mitglied inaktiv - 21.01.2004, 21:14



Antwort auf: Unbeschwert

Hallo Nicole, du hast vollkommen Recht. Aber soll ich dir sagen, woher vermutlich meine Gedanken kommen, die ich bis vor einigen Wochen nicht im Ansatz hatte? Von zu viel Herumstöbern im Internet, auch in diesen Foren/diesem Forum. Seit ich das tue, entwickeln sich bei mir diese Gedanken. Das ärgert mich im Grunde selber, weil ich uns für sehr selbstsicher, intuitiv und ehrlich liebevoll im Umgang mit unserem Kind halte. Aber beim Lesen zahlreicher entwicklungspsychologischer Herangehensweisen und Erkenntnissen (und davon gibt es hier zum Beispiel zuhauf) muss meine Gelassenheit irgendwie abhanden gekommen und einem verunsicherten Erfolgsdruck gewichen sein. Danke, dass du mir geholfen hast, zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Herr Dr. Posth, meine Anfrage hat sich erledigt. Ich vertraue weiterhin mir selbst ;-) Steffi

Mitglied inaktiv - 22.01.2004, 13:56



Antwort auf: Unbeschwert

Kann übrigens auch sein, dass meine Anfrage so eine Art "fishing for compliments" war. Es sagt einem nämlich als Eltern selten jemand (gerade beim ersten Kind): "Hey, das macht ihr ganz toll". Vielleicht war das auch ein Beweggrund für mein Posting. Wie auch immer, Selbstreflektion bringt einen wohl wesentlich weiter! Grüße, Steffi

Mitglied inaktiv - 22.01.2004, 14:56



Antwort auf: Unbeschwert

Hallo, meine Tochter war und ist immer noch ein sehr liebes Kind. Sie ist fast 9 Monate alt. Sie spielt allein, unterhält sich mit allen Dingen, klar wenn sie was stört oder wenn sie Hunger hat mault und schreit sie mal, doch ich denke auch ständig das ich das liebste kind auf erden hab. Bekannte staunen auch bei Feierlichkeiten oder wenn wir auf Ämtern sind. Sie lacht alle an und freut sich über alles. Wir sind froh das es so ist. Doch wer weiss wies beim nächsten wird???Viele Grüsse

Mitglied inaktiv - 23.01.2004, 20:09