Frage: Trennungsangst (sorry lang)

Hallo, unsere fast 15 Mo. alte Tochter hat meiner Meinung nach Trennungsangst, und ich möchte gerne wissen, ob wir etwas falsch machen bzw. wie wir ihr helfen können. Zur Beschreibung unserer Lebenssituation: Mein Mann und ich sind in der Lage, gleichermaßen viel für unsere Tochter da zu sein. Da ich nicht genug Milch hatte und sie Flaschennahrung ab der 3. Woche bekam, konnte mein Mann sowohl Mahlzeiten als auch "Nachtdienste" mit mir im Wechsel machen. Seit sie 11 Wochen alt ist, geht sie von Mo bis Fr in eine Kinderkrippe, die sie sehr liebt. Bis zu ihrem ersten Geburtstag war sie recht stark auf meinen Mann fixiert und hat ihn mir öfters vorgezogen, wenn wir beide "zur Verfügung" standen. Das hat sich um den ersten Geburtstag herum geändert. Sie ist seitdem stark auf mich fixiert. Sie lehnt ihren Vater nicht ab, aber sie zieht mich ihm vor. Manchmal, wenn sie weint, will sie sich nur von mir trösten lassen, und auch auf dem Wickeltisch läuft es mit mir viel reibungsloser als mit meinem Mann. Was mir bei ihr auffällt ist ihre Reaktion (seit dem 1. Geburtstag), wenn man sich von ihr entfernt. Wir haben eine äußerst kleine Wohnung (eineinhalb Zimmer) und halten uns meist alle im "großen" Zimmer auf, was als Küche, Eßzimmer und Wohnzimmer dient. Dort sind auch ihre Spielsachen. Da nicht viel Stauraum in der Wohnung vorhanden ist, haben wir aus Sicherheitsgründen den Küchenbereich mit Gittern geschützt, da darf sie nur in Begleitung hinein. Wenn man bei ihr auf dem Boden gesessen hat und aufsteht, fängt sie schon an zu schimpfen, und wenn man dann noch in die Küche geht, steht sie an der Barriere und motzt, jammert und weint manchmal, obwohl wir weiterhin mit ihr reden und sie uns die ganze Zeit sehen kann. In der Kinderkrippe ist es jetzt genauso: Wenn wir sie morgens abgeben, klammert sie sich ganz heftig an uns (obwohl ihr die Betreuerinnen ja auch seit langem Bezugspersonen sind), dabei liebt sie die Krippe über alles. Sie strahlt schon, wenn wir morgens auf den Parkplatz fahren. Wenn wir sie im Raum dort zurücklassen, dann weint sie, aber nie länger als 30 Sekunden. Das gleiche mit den Omas, die sie auch sehr mag, die aber nicht zählen, wenn wir in der Nähe sind. Ein letzter Punkt ist das Einschlafen. Unser Ritual ist, daß wir ein paar Bücher zusammen anschauen (das liebt sie), dann den Schlafsack anziehen, dann geht einer mit ihr ins Schlafzimmer, wo sie max. 10 min. herumgetragen und besungen wird (immer die gleichen Lieder). Nach spätestens 10 min. wird sie in ihr Bett gelegt. Wenn sie bis dahin schon eingeschlafen ist, dann schläft sie meist weiter, aber wenn sie noch nicht geschlafen hat, dann ist sie total aufgebracht, wenn man trotz Verabschiedung das Zimmer verläßt. Sie schreit sich dann fast die Kehle aus dem Leib, aber sie weint eher selten. Das kann sich bis zu 20 min. hinziehen, dann schläft sie meist ein. In letzter Zeit gibt es sogar schon Theater, wenn wir beide zu Hause sind, mein Mann aber an der Reihe ist, sie ins Bett zu bringen, d.h. wenn ich sie nicht zu Bett bringe. Da fängt sie schon an zu schreien, wenn mein Mann sie hochnimmt und ihr sagt, daß sie sich von mir verabschieden soll, beruhigt sich aber auch nach spätestens 1 Min. wieder, wenn ich aus dem Sichtfeld bin. Ich muß auch noch erwähnen, daß sie noch kein Schmusetier oder -Puppe gewählt hat. Sie hat mehrere Dinge, mit denen sie zu bestimmten Zeiten spielt, aber keine festen Schmusetiere für einen bestimmten Zeitpunkt. Wie kann man sie an so etwas heranführen, denn das würde ihr das Abschiednehmen von Mama + Papa sicher erleichtern? Ab und zu passiert es, daß sie nachts aufwacht und hellwach ist. Dann brüllt sie genauso wie beim Schlafenlegen,wenn sie noch nicht geschlafen hat. Weil es mitten in der Nacht ist und wir nicht groß unseren Schlaf unterbrechen wollen, nehmen wir sie oft in unser Bett (sie schläft aus o.g. Platzgründen nach wie vor in unserem Zimmer). Dann kann ich aber nicht mehr schlafen, und weil sie hellwach ist, dauert es auch bei ihr sehr lange, bis sie wieder eingeschlafen ist, aber sie ist wenigstens ruhig. Wir haben es auch schon ausprobiert, nachdem wir geschaut haben, ob alles in Ordnung ist, sie in ihrem Bett zu lassen, und auch da war es wieder wie beim Einschlafen: Sie brüllt schrecklich (bis zu 20 min.) und schläft dann unruhig und erschöpft wieder ein, immer wieder, sobald nur das kleinste Geräusch von uns kommt, von einem Aufheulen unterbrochen. Das ist unsere Situation. Ich muß noch erwähnen, daß unsere Tochter ein ganz aufgewecktes Kind ist, sehr fröhlich, die auf der Straße alle Leute anlacht und alle Kinder grüßt und ihnen zuwinkt. Umso befremdlicher ist mir dieses Geheule. Ich möchte ihr so gerne helfen, weiß aber nicht wie. Ihren Aufsatz über Trennungsangst habe ich gelesen. Ich kann nicht erkennen, irgend etwas falsch zu machen. Ich versuche auch, meiner Tochter viel zu erklären. Wenn ich z.B. kurzfristig das Zimmer verlasse, weil ich zur Toilette muß, dann läßt sie mich gehen, denn ich habe ihr vorher erklärt, was ich mache, wo ich bin und daß ich gleich wieder da bin. Sie ruft ab und zu nach mir, ich antworte, aber sie steht noch nicht mal an der Barriere und wartet auf mich. Warum darf ich andereseits nicht mal eben in die Küche gehen, wo sie mich doch sehen kann? Wenn man mit ihr alleine ist, kann man so gut wie keine Hausarbeit erledigen, was wir uns als Studenten, die wir in der Abschlußphase sind, kaum zeitlich leisten können. Alles verschiebt sich auf den Abend, wenn sie schläft, und wir schaffen es gerade noch so, etwas zu essen und fallen dann totmüde ins Bett, nachdem der Haushalt erledigt ist. Ich bedanke mich im voraus für die Antwort. Liebe Grüße, Alexandra

Mitglied inaktiv - 07.09.2004, 14:33



Antwort auf: Trennungsangst (sorry lang)

Liebe Alexandra, bitte seien Sie mir nicht böse, wenn ich Sie erst einmal bitte, meinen Langtext über das emotionale Bewußtsein, link oben rechts zu lesen. Gerade im zweiten Teil mit dem Titel Fremdeln und Anhänglichkeit stehen alle Informationen, die Sie brauchen, um das Verhalten Ihrer Tochter zu verstehen. Der Begriff "unsicher Bindung" beschreibt die Empfindungen, denen sich Ihre Tochter ausgesetzt erlebt. Frühe Fremdbetreuung wäre ein Stichwort, mit dem Sie über den Suchlauf zu ergänzenden Antworten gelangen. die Fragen, die sie dann noch haben, stellen Sie mir bitte wieder. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 10.09.2004



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