Lieber Dr. Posth
unsere Tochter (19 Monate) hatte während der Schwangerschaft eine Zwillingsschwester, die jedoch leider nicht lebensfähig war (Anencephalie)und eine Stunde nach der Geburt gestorben ist.
Wir möchten dies nicht vor ihr verheimlichen und ihr einen möglichst natürlichen Umgang mit dem Tod ihrer Schwester ermöglichen, da auch wir das Geschehen sehr gut verarbeitet haben.
In welchem Alter können wir damit beginnen? So früh wie möglich oder noch warten? Sollten wir vielleicht ein Foto von den beiden nach der Geburt in meinem Arm in der Wohnung aufhängen?
Bislang kennt sie den Tod nur in Form von toten Insekten, die sie sehr interessant findet.
Vielen Dank auch für ihr Buch, das sehr interessant war, wenn auch sprachlich recht anspruchsvoll und daher sicher nicht für alle Leser geeignet.
Mit freundlichen Grüßen
Tina
Mitglied inaktiv - 03.09.2007, 12:30
Antwort auf:
Tod der Schwester
Liebe Tina, der Tod wird für Kinder frühestens ab dem Schulalter richtig begreifbar. Bis dahin kenne Kinder keine Erklärungen für das Phänomen des Todes und sind auf bildhafte Umschreibungen angewiesen. Den Tod der kleinen Zwillingsschwester ist für Ihre Tochter einstweilen noch bedeutungslos und würde sie höchstens zu schwierigen Fragen anhalten, wenn sie im nächsten Jahr der Sprache in größerem Umfang mächtig ist. Also erst ab 6-7 Jahre hat es Sinn, über die kurze Existenz einer Zwillingsschwester mit ihr zu reden. Die Erklärung der Todesursache wirft ein zusätzliches Problem auf, denn wie wollten Sie einem Kind genetische Fehlbildungen erklären ohne ein Mindestmaß an Verständnis über die Entstehung des menschlichen Lebens.
Danke für Ihre Rückmeldung zu meinem Buch. Die etwas schwierigere Sprache ist meinem Bemühen geschuldet, ein sachverständiges Buch zu schreiben, das auch von wissenschaftlich vorgebildeten Lesern akzeptiert wird. Meine Ideen und Erkenntnisse sind nicht einfach eine Wiederholung altbekannter Tatsachen, sondern tief in der frühkindlichen Psychologie und der Hirnforschung verankerte Interpretationen kindlicher Emotionen, Affekte und Verhaltensweisen. Da ist auch viel -bisher noch- Neues dabei. Und das muß eine gut fundierte Basis haben, sonst läuft man als Autor Gefahr, als oberflächlich und belanglos abgestempelt zu werden. Dieser Gefahr wollte ich unbedingt entgehen, denn ich weiß, daß es auch kritische Leser gibt, die selbst "vom Fach" sind, und gerne wissen möchten, wie ich zu diesen Schlüssen gekommen bin. Ich hoffe, meine Sprache hat Sie nicht ermüdet. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 07.09.2007