Frage: Tochter redet nicht mit "Fremden"

Hallo, ich habe ein Problem, das bisher für mich im Grunde keines war. Meine Tochter ist 3 Jahre alt und von Anfang an eher zurückhaltend und schüchtern. Als Baby wollte sie lieber auf der Couch liegen als herumgetragen zu werden, Zärtlichkeiten erlaubt sie nur in geringsten Maßen. Sie hat sich schon immer super allein beschäftigen können und war (laut Ärztin) ihrer Entwicklung immer ein Stückchen voraus. Ihr Wortschatz ist meiner Meinung nach hervorragend. Sie verwendet abstrakte Worte (z.B. Ziemlich, wahrscheinlich, etc.) und spricht gramatikalisch richtige Sätze. Nur - sich spricht nur mit uns (Eltern), mit ihrem kleinen Bruder, Omas und mit zwei - drei kleinen Freundinnen, die wir allerdings seit ihrer Geburt regelmäßig sehen. Bei allen anderen KEINE CHANCE !!! Bisher sah ich es als nicht so wild an, nur jetzt geht sie in eine Spielgruppe in der sie 2 1/2 Stunden alleine ist. Sie sagt mir ihr gefällts gut, aber sie redet dort nichts. Wenn sie gefragt wird ob sie Durst hat, ob sie aufs Klo muß, ob sie malen will - keine Anwort! Letzte Stunde musste sie weinen, zwei Tage später sagte sie mir sie wolle nicht malen. Das war der Grund für das weinen... Die Erzieherin hat es da natürlich schwer wenn sie nicht weiß und auf Nachfrage auch nicht erfährt was sie mag und was nicht... Und der Hammer ist, dass mir die Kleine am Frühstückstisch schon sagt "heut red ich nichts bei den Minicats". Da hauts mich fast um. Ich diskutier das Thema zuhause mit ihr nicht, weil ich mir denke je mehr ich reinstochere umso sturer wird sie und sie zieht sich noch mehr zurück. Inzwischen bin ich echt am verzweifeln, ich weiß nicht wie ich mich verhalten soll. schluchz. Sie tut mir so leid, weil ich meine sie steckt da irgendwo in sich selbst fest und findet nicht raus. Vielleich haben sie einen Rat für mich. Vielen Dank Marion

Mitglied inaktiv - 06.11.2003, 14:59



Antwort auf: Tochter redet nicht mit "Fremden"

Liebe Marion, ob man als Kleinkind mit einem fremden Menschen redet oder nicht, hängt sehr stark von dem eigenen, bis dahin erworbenen Selbstbewußtsein zusammen. Man nennt diese Erscheinung bei Kleinkindern "selektiver Mutismus". Regelmäßig weist dieses Störungsbild auf die Überforderung des Kindes in der entsprechenden Situation hin. Die Ursachen für die Scheu Ihrer Tochter liegt sicher weit zurück. Wie war es z.B. mit dem Fremdeln in der Säuglingszeit und wie haben Sie darauf reagiert. Wie sehr anhänglich war sie in der Phase der Loslösung? Und wie sind Sie damit umgegangen? Im Moment können Sie nur zusammen mit Ihrer Tochter in die Spielgruppe gehen und Sie dort durch Ihre Anwesenheit unterstützen, sich den anderen Menschen gegenüber zu öffnen. Das gelingt Ihrer Tochter eigentlich nur mit Ihnen im Rücken - als ihre "sichere Basis" wie in der Phase der Anhänglichkeit. Gelingt die Loslösung auf diese Weise, können Sie sie dann allein dort lassen. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 10.11.2003