Hallo Herr Dr. Posth.
Unser Kind 2,5 J (Junge) verweigert seit 1J den Stuhlgang. Er möchte nicht mehr in die Windel "machen", doch auch aufs Töpfchen geht er nicht. Wir haben alle Tricks versucht, nie geschimpft, immer gelobt und unterstützt um es so leicht wie möglich für ihn zu gestalten. Seit 10 Mo Movicol bis zu 3x tgl auf Anraten der KÄ ("um Durchfall zu provozieren" lt KÄ), er hält trotzdem 3-4 Tage oder länger ein. Er hat keine Bauchschmerzen, fühlt sich aber sehr unwohl, ist unruhig, schlecht gelaunt, isst weniger etc. Die "Prozedur" des Entleerens dauert lange und ist eine große Qual (Stuhl ist wegen Movicol dann flüssig). Bisher:Tröhnchen-Kalender, Singen, Geschichten, Belohnungen mit Gummibärchen, Schokolade, Bücher, sogar kurze Episoden Zeichentrick. Er klammert sich an einen und weint bis er fertig ist. Als ob er eine Blockade im Kopf habe. Was können wir für ihn tun?
Viele Grüße
von
mam-a
am 03.02.2014, 07:17
Antwort auf:
Stuhlverhalt
Hallo, irgendetwas muss Ihrem Sohn in der sog. Sauberkeitsentwicklung gleich am Anfang in die Quere gekommen sien. Was das war, kann ich aber ohne genaue Umstände zu kennen, nicht sagen. Da das freiwillige Herauslassen von Urin und Stuhl zum von der Natur vorgegebenen Zeitpunkt ein Verzicht auf Willensentscheidung bedeutet, kann es auch so sein, dass nicht zugelassener Wille in der Erziehung auf diese Weise vom Kind gegen sich selbst ausgelebt wird. Paradoxerweise erfaährt das Kind dadurch Stärkung seines Selbst, beschädigt aber seinen Körper. Das nenne ich den 2-Mächtekonflikt. Wenn die Eltern dann anfangen, die Ausscheidung zu erzwingen und sei es auch nur durch Androhung von Strafe, dann wird es zum Dreimächtekonflikt. So funktionieren auch die Belohnungsprinzipien nicht mehr, denn dann würde das Kind auf sein "Machtmonopol" über Darm oder Blase verzichten.
Ich weiß, dass das schwer zu denken ist, weil wir alles, was wir über die Kinder denken, immer nur aus unserer Erwachsenenperspektive betrachten. Und da kommt so etwas nicht mehr vor (weil es absurd erscheint). Ich stelle aber fest, dass praktisch alle habituellen Obstipationen (s. gezielter Suchlauf) so zustandekommen. Es gibt also nur den einen Ausweg, dem Kind in der Erziehung mehr Macht zur Selbstbestimmung zu geben und es an den Anfang der Sauberkeitsentwicklung zurückzuführen. Das heißt konkret, es muss die Windel wieder tragen und nicht es soll oder darf. Das muss man dann auch so miteinander besprechen. Von einem selbst darf das aber nur positiv herüberkommen. Das Kind bekommt die Erlaubnis, von vorne anfangen, bekommt zugleich in andere wichtigen und umkämpften Positionen aber mehr Freiheiten. Das Movicol kann erst einmal als Hilfe bleiben. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 04.02.2014