Frage: Stottern

Hallo Herr Dr. Posth, mein Sohn feiert in einer Woche seinen 3. Geburtstag und hat für sein Alter einen großen Wortschatz. Er spricht meist in kompletten Stätzen, wobei er bei der Grammatik natürlich noch sehr "kreativ" ist. Seit etwa 3 Monaten fällt mir aber auf, dass er immer öfter und stärker stottert. Das Stottern tritt am häufigsten am Satzanfang auf. Dabei benötigt das Kind bis zu fünf oder sechs Anläufe bis das erste Wort heraus ist. Der Rest des Satzes kommt dann oft problemlos hinterher. Wir lassen unseren Sohn eigentlich immer ausreden und fallen ihn auch nicht in's Wort, wenn es "ewig" dauert, bis er ausgesprochen hat. Ansonsten ist er in seiner Entwicklung auch völlig zeitgerecht bzw. zeigt keine Auffälligkeiten oder Störungen. Kann das eine temporäre Entwicklung sein, die sich mit der Zeit von alleine behebt oder ist es ratsam, deshalb den Kinderarzt ggf. auch Logopäden aufzusuchen? Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass er seit ungefähr dem gleichen Zeitraum, in dem das Stottern verstärkt aufgetreten ist, seinen Vater wesentlich weniger sieht als zuvor (was beruflich bedingt ist und leider derzeit nicht änderbar). Ausserdem erwarten wir in ca. 14 Tage unser zweites Kind, was unser Sohn natürlich weiss (wenn er auch die Veränderungen noch nicht absehen kann), auf dass er sich aber nach eigenem Bekunden freut. Kann das Stottern eine Reaktion auf diese Veränderungen sein? Und wenn ja, wie sollen wir damit umgehen? Vielen Dank vorab für Ihre Antwort!

Mitglied inaktiv - 21.06.2004, 17:02



Antwort auf: Stottern

Hallo, in diesem Alter muß man das Stottern vom Poltern trennen. Poltern zeigt sich darin, daß nicht immer wieder einzelne Laute die Rhythmusstörung auslösen, sondern der Redefluß gestört ist. D.h. es werden ganze Silben oder Wörter wiederholt, bis der Satz weiter geht. Hier ist das Denkvermögen deutlich weiter verbunden mit dem Mitteilungsbedürfnis als das Sprachvermögen. Gibt es Stottern in der Familie? Wenn ja, dann muß man den weiteren Verlauf allerdings gut beobachten. Ansonsten wartet man geduldig ab und verbessert das Kind nicht! Die Symptomatik vergeht nach einer geraumen Weile wieder. Psychogene Ursachen hat das Stottern anfangs sicher nicht. Im Verlauf spielt allerdings dann die Psyche eine große Rolle. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 23.06.2004



Antwort auf: Stottern

Liebe Joy, ich bin selbst Stotterer und meine Tochter hat, nachdem sie sehr wortschatzreich und gut artikuliert hatte, vor genau einem Jahr mit dem Stottern begonnen. Es kam bei ihr allerdings von einem Tag auf den anderen und zwar ganz extrem. Sie hatte damals richtige Blockaden mit Verkrampfungen, also sogen. tonisches und klonisches Stottern. Da ich schon alle Therapien dieser Welt mehr oder weniger erfolglos hinter mich gebracht habe, war ich natürlich höchst beunruhigt. Ich hab mich dann gleich mit einem mittlerweile befreundeten Logopäden (der sich auf Stotterer spezialisiert hat)in Verbindung gesetzt und um Rat gefragt. Er erzählte mir dann, dass sein Sohn die Anfangssilben bis zu 20 mal wiederholte (machte Franca damals auch) und ich nix unternehmen solle. Die Therapien bei Kindern bis 5 Jahre sind eigentlich immer nur Eltern"therapien": Ausreden lassen, möglichst lockerer Umgang mit der Symptomatik, die symptomfreien Situationen fördern, andere meiden (z. B. wenn er/sie müde ist). Bei Franca (meiner Tochter) besteht die Symptomatik immernoch, aber meist nur dann, wenn sie ganz schnell etwas erzählen will. Und dann ist es heute eher ein Poltern, also nicht mehr vergleichbar mit früher. Die Heilungschance bei Kindern wird mit 98% beziffert, wobei i.d.R. keine Therapie erforderlich ist, wenn das Umfeld sich "korrekt" verhält. Sorry für's Zutexten!!-kannst mich aber gern auch direkt anmailen. liebe Grüße Judith

Mitglied inaktiv - 22.06.2004, 21:30