Sehr geehrter H Dr. Posth,
ich schätze Ihre Arbeit sehr und würde mich sehr über Ihre Meinung freuen. 1.Tochter konnte ich sehr gut nach 11,5 Monaten abstillen. Hat nicht getrauert, ging völlig problemlos.2.Tochter ist 11 Monate und hängt wie eine Süchtige an der Brust. Hat wenig Interesse an Brei, wenn überhaupt isst sie wenig Fingerfood, Flasche verweigert sie völlig. Ich fand die 1 Jahresgrenze bei meiner ersten Tochter ideal und möchte sehr gerne bald abstillen (zumindest tagsüber). Habe schon mal 3 Tage einen "kalten Entzug" gemacht. Erste Tag ging und dann wurde es immer schlechter. Sie hat nichts gegessen und nach dem dritten Tag habe ich sie natürlich wieder drei Mal täglich gestillt. Stillberaterin rät zum vollen weiterstillen, Kinderärztin sagt, Muttermilch reiche nicht. Was denken Sie? Vielen Dank für Ihre tolle Arbeit, ich lese sehr viel hier und in Ihren Büchern.
V
von
Vaida1981
am 14.01.2013, 08:17
Antwort auf:
Stillkind isst nicht
Hallo, prinzipiell kann man über das erste Jahr hinaus weiter stillen, Für die Richtigkeit dieser Behauptung gibt es genügend Beispiele weltweit. Die Lehrmeinung der Kinder- und Jugendmedizin ist da etwas restriktiver und befürchtet, dass das Nährstoffangebot im zweiten Lebensjahr nicht mehr ausreicht. Mein persönliche Erfahrung ist die, dass vollgestillte Kinder mit 1 Jahr etwas kleiner und leichter sind, als Kinder, die schon längst viel Beikost bekommen. Aber auch das mag von individuellen Konstellationen anhängig zu sein. Das heißt, die Muttermilch vielen Mütter deckt den Nährstoffbedarf ihres Kindes vollständig ab, aber offenbar nicht aller. Und die Kinder dieser Mütter sind dann nicht so schwer und nicht so groß.
"Kalter Entzug" wird nichts bringen (wie Sie sehen). Man kann kein Kind zwingen irgendetwas zu essen, was es nicht mag oder aus sonstigen Gründen ablehnt. Worauf man zu achten hat ist, ob überhaupt genügend Zähne vorhanden sind, um stückige Kost zu kauen. Dabei ist der vielleicht gerade stattfindende Zahndurchbruch eher appetitmindernd. Dann ist zu fragen, ob Milchbrei der Gemüsekost vorgezogen wird, was schon einmal ein Einstieg wäre. Süßes wird grundsätzlich "Bitterem" vorgezogen. Die Rezeptoren im Mund für "bitter" sprechen bei Kleinkindern viel stärker an als bei älteren Kindern. Dann ist zu fragen, wie "oral" veranlagt das Kind überhaupt ist. Nimmt es Spielsachen und Stoffenden in den Mund und kaut darauf herum (was gut ist) oder gar nicht. Nimmt es einen Schnuller oder ist es vollständig auf die Brust fixiert? Guckt es interessiert zu wenn Sie selbst oder Vater und Schwester essen? Oder interessiert sie sich dafür überhaupt nicht? Bevor man hier also zu einem Schluss kommt und bevor man gar von ener Fütterstörung spricht, gibt es noch einige Dinge abzuklopfen.
Es wäre zu empfehlen, vor dem Stillen regelmäßig eine alternative Speise anzubieten, von der Sie einigermaßen sicher wissen, dass Ihre Tochter sie mag. Das kann erst einmal so bleiben, bis man es wagt eine zweite Speise anzubieten. So tastet man sich vor und reduziert parallel die Stillmengen. Aber Sie können mir gerne wieder schreiben. Viele Grüße und danke für Ihr Lob.
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 16.01.2013