Frage: Sprachstandsfeststellung.....

Hallo Herr Dr. Posth, mich würde interessieren was Sie von dem aktuellen Sprachstandsfeststellungstest halten. Wir waren letztens dazu auf einer Infoveranstaltung... Generell ist die Idee nicht schlecht, allerdings ist die ganze Sache noch kein Stück ausgereift. Ein Brettspiel für 3-4 Kinder wird im KiGa durchgeführt und dauert min. ca. 30 Minuten. Und die Kinder die zu der Prüfung müssen und noch nicht in einen KiGa gehen werden zu einem Extra-Test verpflichtet. Also 100% unter fremden Kindern und Erziehern/Lehrern. Wie das funktionieren soll ist mir ein Rätsel. Zumal es nur um die Sprachkompetenz geht, nicht um Sprachfehler. Was bei Förderbedarf passiert, wie genau die Förderung aussehen soll ist noch unklar... Warm macht man nicht einfach die U´s zur Pflicht, denn genau in dem Alter sind die Kinder doch jetzt (U8). Da werden zumindest auch Sprachfehler abgeklärt und ggf. in Logopädische Behandlung übergeben. Viele Grüße, Tanja

Mitglied inaktiv - 05.03.2007, 15:32



Antwort auf: Sprachstandsfeststellung.....

Stichwort: Sprachentwicklung Liebe Tanja, das wovon Sie reden, ist ja auf einem politischen Interesse begründet, frühzeitig die sprachschwachen Kinder herauszufischen und sie einer gezielten Sprachförderung zuzuführen. Ziel ist, daß diese Kinder bei der Einschulung ausreichende Sprachkenntnisse im Deutschen vorweisen können, damit sie den Leistungsanforderungen der Grundschule gerecht werden (PISA-Studie usw.). Dagegen ist eigentlich nichts einzuwenden. Nur braucht man zur Erkennung des Sprachstands eines Kindes eine geeignete Methode. Die Idee mit dem Spiel ist prinzipiell gut, wird aber daran scheitern, daß längst nicht alle Kinder im entsprechenden Alter sozial so kompetent sind, daß sie bei einem Regelspiel mit fremden Personen aktiv mitmachen und gleichzeitig ihr Sprachvermögen ausbreiten. Die Sache mit den Vorsorge-Untersuchung scheitert an etwas anderem. Erstens gibt es in Deutschland immer noch zahlreiche Eltern, die Ihre Kinder gar nicht mehr zu den Vorsorgen-Untersuchungen U8 und U9 schicken. Da das mit einem Arztbesuch verbunden ist, gibt es wenigstens im Moment auch keine rechtliche Handhabe, Eltern zu solchen Untersuchungen zu verpflichten. Dann kommt dazu, daß eine Vorsorge-Untersuchung nicht den zeitliche Rahmen bietet für einen Sprachtest und auch vom Abrechnungskatalog (EBM) eine solche fixe Kombination nicht vorgesehen ist. D.h. dieses Vorgehen müßte erst mit den Krankenkassen abgestimmt werden. Die aber haben kein Geld für zusätzliche Leistungen, insbesondere dann, wenn es sich nicht um krankheitsbedingte Leistungsansprüche handelt, sondern um Routinetests. Dasselbe träfe auch auf die Logopäden und Logopädinnen zu. So ist man in der Politik auf den "natürlichen Reflex" verfallen, die Beamten und -innen (also die Lehrer(innen)) sollten für solche Tests herangezogen werden. Die aber haben keine Ausbildung dafür. Meiner Auffassung nach geht es tatsächlich nur so, daß alle Kinder zur U8 und U9 vorgestellt werden müssen, und der Arzt/die Ärztin die sprachschwierigen Kinder herauslesen muß. Diese müssen dann einem gesonderten Sprach- und Hörtest unterzogen werden und diese Leistungen müßten entbudgetiert bezahlt werden. Das wäre der finaziell geringste Aufwand und der fachlich überzeugenste. Denn Sprachentwicklung ist nun einmal eine Disiplin im Rahmen der Kinderheilkunde. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 09.03.2007