Frage: sofortige Befriedigung der Bedürfnisse

Hallo Herr Dr. Posth, ich versuche immer wieder mal bei Ihnen reinzuschauen, da es für mich hier sehr gute Anregungen und Denkansätze gibt. Mein 2. Kind ist nun knapp 8 Wochen alt und je mehr ich von Ihnen lese, desto mehr grübel ich. ;-) Wie genau ist das mit dem sofortigen befriedigen der Bedrüfnisse zu nehmen (beziehe mich hier besonders auf Ihre Ausführungen Teil 1) bzw. der Auswirkungen wenn es nicht SOFORT erfolgen kann - oder noch schlimmer, man die Ursache nicht SOFORT abstellen kann? Denn nicht immer gelingt mir/uns das unmittelbar. Zur Verdeutlichung folgende Beispiele: - Baby scheint zu schlafen, ich gehe duschen und kaum habe ich mir die Haare eingeschäumt, wird er wach (entgegen aller Einschätzungen) und fängt an zu weinen. Natürlich wird nun nicht in aller Seelenruhe weiter geduscht, aber es dauert schon etwas, bis ich reagieren kann. - Baby ist zufrieden oder schläft und just in dem Moment in dem ich die große Schwester aus dem Kiga abholen muss (da dieser sonst schließt!) gibt es Hungergebrüll. (Ist noch total unterschiedlich zwischen 2-5 Std. und ich kann ihn weder jeden Tag vorsorglich füttern - er mag erst dann, wenn er es "sagt" *grins* - noch jeden Tag die Große früher aus dem Kiga abholen, da dies bedeuten würde, jeden Tag 1-1,5 Std. weniger Kiga für sie, da solange Füttern mit Wickeln u.U. bei uns dauert.) - Fast Gleiches während der Autofahrt, um zu reagieren muss zumindest eine Parkmöglichkeit gefunden und angesteuert werden. Dann z.B. bei Hunger muss auch noch die Flasche frisch zubereitet werden, Baby aus Jacke und Autoschale gepult werden etc. - und bei HUNGER ist ja einfach auf den Arm genommen werden nicht wirklich tröstend, denn "mann" will schließlich trinken ... ;-) - Und wie ist es mit 5-10 min Protest (?) am Anfang eines Spaziergangs mit dem Kinderwagen??? Einfach akzeptieren und weiterschieben (inkl. Zureden, Streicheln, Versuch Schnuller anzubieten)? Wenn ich ihn hochnehme, fängt das Weinen nach Ablage sofort wieder an und wir kommen so kaum einen Meter vorwärts (was aber z.B. mit Schwester und 2 Hunden notwendig ist). Natürlich weint er nicht jedes Mal im Kinderwagen, aber es kommt eben vor. Vorsorglich immer längere Strecken im Tragesack zurücklegen? Da streikt mein Rücken, wobei er ja auch da nicht immer ruhig ist - sprich, da könnte dann ja die gleiche Situation auftauchen. Ich hoffe, Sie verstehen was ich für Beispiele meine? Bewusst lassen wir unseren kleinen Mann nicht weinen (mal meckern ist etwas anderes), aber was ist mit diesen Momenten, wo eben eine sofortige Reaktion bzw. Behebung unsererseits nicht erfolgen kann? Muss man da schon ein schlechtes Gewissen haben? Irgendwie denke ich, dass da halt - leider - alle Babys besonders auch die Zweiten durchmüssen? Oder ist das schon grausam gedacht??? Und was ist mit den Momenten, in denen man keine augenscheinliche Ursache für das Weinen finden kann? Wir tragen ihn dann eben rum (Arm oder Tragesack) oder schaukeln ihn in den Armen etc., aber das bedeutet nicht immer, dass das Weinen auch wirklich sofort aufhört. "Stören" tut mich das überhaupt nicht, ich denke ich versuche ja, ihm beizustehen, aber manchmal kann man auch als Mutter nicht sofort alles wegzaubern. Erwähnen möchte ich, dass er teilweise auch unter echten Blähungen leidet, die wir mit Sab-Tropfen, Bäuchleinöl inkl. Massage, Kirschkernkissen, anderer Flaschennahrung und Fliegertragestellung schon deutlich lindern konnten, aber weg ist es nicht (Sie erwähnten in Ihrem Text eine effektive Hilfe - verraten Sie mir welche das ist?). Zusätzlich hat er einen Reflux, weswegen wir die Nahrung andicken, da er sonst unter Sodbrennen gelitten hat (ist mit Nestargel fast ganz verschwunden), bringt aber z.B. auch eine Verlangsamerung der Verdauung mit sich (ist eh nur alle 1-2 Tage) und manchmal drückt und quält er sich damit ab. Was ist denn dann mit solchen Momenten? Da kann ich doch wiederum nur versuchen zu lindern, aber nicht "wegzaubern". Was fühlt da mein Baby? Ist es denn Trost genug, wenigstens ganz nah bei Mama und Papa sein zu dürfen??? Schadet so etwas schon der Eltern-Kind-Beziehung oder gehört es eben zum Leben und Großwerden eines Babys dazu? Können wir sonst noch etwas tun? Vielen lieben Dank für Ihre Antwort! Cyta

Mitglied inaktiv - 13.04.2004, 01:56



Antwort auf: sofortige Befriedigung der Bedürfnisse

Liebe Cyta, so verständlich Ihr Wunsch nach Zurverfügungstellung ganz konkreter Handlungsanweisungen für das leben mit dem Säugling ist, so wenig ist das Internet dazu geeignet, diesem Wunsch nachzukommen. Es gibt hunderte solcher Situationen und immer wieder sind das Geschick und die Bereitschaft der Eltern gefordert, möglichst schnell auf die kindlichen Bedürfnisse einzugehen. Dazu muß man sich im Vorfeld all dessen, was geschehen könnte, und das ist ja in jeder Familie etwas anderes, überlegen, wie man dann am besten reagiert. Ob man z.B. nachbarschaftliche Hilfe in Anspruch nimmt, oder eben im Kiga anruft, daß man später kommt, oder eine andere Mutter bittet, das eigene Kind mit nach Hause zu nehmen. Vielleicht geht man besser nicht mit Hund und Kind spazieren, macht seine Einkäufe vielleicht abends, wenn der Vater zu Hause ist, oder duscht dann, wenn die Oma in der Wohnung ist, etc. etc. Also Ideen sind gefragt, und diese Ideen können nur Sie selber entwickeln. Ab welchem Stadium der Säugling anfängt zu leiden, hängt von vielen Variablen ab. Z.B. von der Intensität der Frustration, von deren Dauer, von den belgöeitenden Umständen, von der Reaktion der Bezugsperson (ganz wichtig!!!) und von vielen anderen Dingen. Bleiben Sie z.B. als Mutter ruhig und besonnen, entnimmt der Säugling diesem Verhalten, daß auch er in dem Moment des Stresses ruhig und besonnen bleiben kann. Das zeigt er zwar nicht so, v.a., wenn er wütend wird (Temperament!), aber damit wird der Streßfaktor automatisch herunterreguliert. Dies als einige Hinweise. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 14.04.2004



Antwort auf: sofortige Befriedigung der Bedürfnisse

hallo! Mir/ Uns geht es ganz genau so!!! Ich hab auch schon ständig ein schlechtes Gewissen, weil ich unseren Zweiten auch nicht immer SOFORT bedienen und betutteln kann. Aber ich tröste mich etwas mit der Tatsache, dass er es nicht anders kennt und eben zusammen mit seinem Bruder aufwachsen muss- was ja auch vorteile hat!!! Ich weiss es ist ein sehr sehr schlechter Trost, aber heute gab es folgende Situation: Felix (13 Wo) lag auf der Krabbeldecke, gestillt, zufrieden, strampelnd, um ihn rum sein "Tierle" und eine Rassel. Lukas (22 Mon) und Mutti essen, räumen den Tisch ab, gehen miteinander ins Bad und sagen anschl. "Gute Nacht zur Mittagsruhe".ABER Heute wollte und BRAUCHTE Lukas mehr als den gewohnten Körperkontakt und Schmusen vor dem Einschlafen. Er schlief schnell ein auf meinem Schoss aber wurde sofort wach und wollte zurück auf den Schoss, bzw in den Arm. Da es im WOhnzimmer noch friedlich war durfte er zurück und "ich wurd ihn nicht mehr los". Sobald ich mein Schlafendes Kind ablegen wollte war er sekundenschnell wieder wach!!! So verging eine halbe Stunde zusätzlich und Felix fing dann auch noch an zu quängeln. Aber er verstummte wie immer schnell und nuckelt am DAumen. Und Lukas schlief heute dann gar nicht, weinte und schrie viel, wollte nichts spielen, auch nicht mit mir, wollte keine Bücher anschauen und wollt auch nicht schmusen mit der Mama (obwohl das ja der ursprüngliche Grund war!!!) ER IST NICHT KRANK und brütet auch nichts aus! Sonst kann es vorkommen, dass Lukas von alleine einschläft mittags (er legt sich mit Schnuller und "Bruno" ins Bett, nachdem er auf dem Schoss eine Strophe eines Liedes gehört hat und schläft bis zu 1- 2 Std, kommt von allein ins WOhnzimmer) Lukas ist auch (noch) nicht eifersüchtig auf seinen Bruder! Er tauscht mit ihm die Kuscheltiere - auch seinen allerliebsten - tröstet ihn wenn er mal weint, versucht es immer wieder anders. Allerdings ist Felix sehr sehr zufrieden und fordert so gar nichts für sich!!! Wenn er mal weint, dann ist es sehr sehr selten. Und mein shclechtes Gewisssen ist dadurch sehr sehr gross weil ich weiss ich müsste mehr mit ihm machen, gerade weil er sich nicht meldet!!! er nuckelt daher oft sehr oft am Daumen und döst dann eben ein. Und leg ich mich dann daneben, kann es vorkommen dass er den Daumen rausnimmt und anfängt zu stampeln, zu lachen/quietschen usw. Und das macht mich dann soooooo traurig, da ich weiss ich bin meiner Pflicht als Mutter von Felix nicht gewachsen. Tanja

Mitglied inaktiv - 13.04.2004, 20:27



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