Danke fuer die Antwort letzter Woche. Moechte gerne nochmal nachfragen: woran erkennt man eine gute Bindung, am Ende vom 1.Lebensjahr - die ja so ausschlaggebend fuer restliche Leben zu sein scheint?
Vielen dank Michaela
Mitglied inaktiv - 05.03.2007, 20:58
Antwort auf:
sichere Bindung
Stichwort: Bindungssicherheit
Liebe Michaela, eine einfache und doch höchst komplizierte Frage. Zunächst einmal sind längst nicht alle Psychologen Kenner der Bindungstheorie und im gesellschaftpolitischen Raum ist diese sogar sehr kritisch angesehen. Denn die Bindungstheorie mit ihrer Einteilung in sichere und unsichere bzw. gescheiterte Bindung hebt ab auf das funktionierende klassische Familiensystem. Das aber wird mit der gleichzeitigen Berufstätigkeit beider Elternteile und der Polarisierung zwischen Selbstverwirklichung und Elternschaft des einzelnen Menschen auf einen Prüfstand gestellt, dem es auf Dauer nicht gewachsen ist. Diese große Gefahr muß die Gesellschaft rechtzeitig erkennen. Denn mit der Familie steht und fällt die psychische Gesundheit unserer Nachkommenschaft.
Jede Form der Fremdbetreuung kann immer nur ein temporärer, als zeitbegrenzter Ersatz für funktionierende Elternschaft sein und muß mit dem qualitativ besten Angebot ausgeführt werden, das möglich ist. Dazu braucht man dann aber wieder die Grundlagen der Bindungstheorie.
Ein sicher gebundenes Kind, und ein solches streben ja alle Eltern mit der Aufzucht ihrer Kinder an, ist das, welches sich der Liebe, Zuwendung und Unterstützung seiner Eltern absolut sicher fühlt, und weiß, daß ihm in der (von außen ungefährdeten) Obhut seiner Eltern nie ein Leid geschieht. Das Kind weiß, daß es in Momenten der Not sich vertrauensvoll an seine Mutter oder seinen Vater wenden kann und von ihm alle Unterstüzung erhält, die es zur Bewältigung seines Problems oder Konflikts braucht. Es ist bereit, in der Betreuung einer von ihm akzeptierten anderen Person zu bleiben und hat keine Angst vor Verlassenwerden. Kehrt die Mutter oder der Vater zurück, freut es sich ausgelassen und widmet sich dann in aller Ruhe wieder seiner Beschäftigung (Fremde-Test).
Ein sicher gebundenes Kind hat die besten Voraussetzungen für die anstehende Loslösung und akzeptiert zunehmend den Beziehungswechsel zum Vater oder der Mutter, je nachdem, wer die primäre Bezugsperson gewesen ist. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 09.03.2007