Frage: Sensomotorische Integrationsstörung

Hallo Herr Dr. Posth! Bei unserem Sohn (7, multiple Dyslalie) wurde vor kurzem der Verdacht einer SI-Störung durch die behandelnde Logopädin geäußert. Der KiA hat uns nun eine Überweisung an den Ergotherapeuten ausgestellt. Mich würde interessieren, was die Ursachen für SI-Störungen sind, und was ich Zuhause tun kann. Im bericht der Logopädin steht, dass er Probleme in der Konzentration und Aufmerksamkeitsspanne hat, die Körperspannung eher Hyperton ist (aber Kein ADHS). Er nimmt sich taktil schlecht war, wirkt in manchen Bewegungen ataktisch. Im Jahreszeugnis stand u.a, dass er kein Rhytmusgefühl entwickeln konnte, schlecht mit Farben umging, etc. Sein Schriftbild ist schlecht - er trifft die Zeilen nicht, usw. Insgesamt hat er ein niedriges Selbstbewußtsein/wertgefühl. Vielleicht können sie mir auch verständliche Fachliteratur empfehlen? Vielen Dank im Voraus hormoni

Mitglied inaktiv - 22.09.2008, 11:03



Antwort auf: Sensomotorische Integrationsstörung

Hallo, der Reflex vieler Logopäden und Logopädinnen auf eine sensomotorische Integrationsproblematik beim Kind beruht auf zahlreichen Missverständnissen. Die Ihnen hier alle auseinanderzulegen, bedürfte eines langen Aufsatzes. Nur ganz kurz: Die Theorie der sensomotorischen Integrationsstörung basiert auf einer Vorstellung von Jean Ayres (entspr. Bücher), dass sich die zentralnervösen Funktionen des Menschen folgerichtig aufeinander aufbauend entwickeln, beginnend bei sog. Basalfunktionen bzw. Basalsinnen. Heute weiß man aus der Hirnforschung, dass das in Wahrheit anders geht im menschlichen Gehirn. Es gibt zwar diese baum-ähnliche Hierarchie, die aber entwickelt sich parallel und sich gegenseitig ersetzend (plastisch). Daher hat es wenig Zweck, basale Sinne zu fördern, um höhere Sinne zu optimieren. Anders gesagt: Ein Problem in der Sprachentwicklung kann nur durch eine intensive Sprachtherapie behandelt werden. Bestehen parallel noch andere Schwächen, z.B. in der Muskelkoordination bei Gleichgewichts- oder Bewegungsfunktionen, dann müssen auch die parallel und gezielt behandelt werden. Dafür diente dann Ergotherapie. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 26.09.2008