Lieber Dr Posth,
seit 3 Monaten geht unser Sohn (knapp 3) in den Kindergarten. Nach einer perfekten Woche begann eine 3-wöchige schwere Zeit, seither geht er sehr (wirklich sehr!) gerne. Er fühlt sich sichtlich wohl, spielt und spricht mit den anderen Kindern, nur mit den Erzieherinnen sprach er anfangs zunächst gar nicht, nun seit einigen Wochen in 1-Wort-Sätzen. In vertrauter Umgebung ist er ein fröhliches, sprachlich sehr weites Kind (zweisprachig). Aber auch mit zumindest bedingt vertrauten Personen spricht er momentan erst nach einer sehr langen Anlaufphase. Er war auch früher schon eher ein "Beobachter", dann seit Jahresanfang - und eben bis zum Kindergarteneintritt - hatte sich der Knoten zu unserer Freude jedoch bereits komplett gelöst. Was können wir jetzt tun? Wie können die Erzieherinnen ihn unterstützen, was können wir zuhause tun?
Mit besten Grüßen
Sibylle
Mitglied inaktiv - 24.11.2005, 21:37
Antwort auf:
Selektiver Mutismus?
Liebe Sybille, ein wenig widersprüchlich hört sich Ihr Schreiben schon an. "wirklich schwere Zeit, seither geht er sehr, wirklich sehr gerne". Wie paßt das zusammen? Haben Sie sich und ihn nicht zum Erfolg verurteilt? Ihr Sohn wird deswegen mit keiner Erzieherin rede, weil er keine Ersatzbezugsperson gefunden hat. Und ohne Ersatzbezugsperson geht es in diesem Alter praktisch nicht. Wenn er in der Gruppe Schwierigkeiten bekommt, wird er auch mit den anderen Kindern nicht mehr reden. Sein Mutismus ist Ausdruck seiner sozialen Überforderung. Er geht in seiner Entwicklung einen Schritt zurück und trotzt dann mit dem Nicht-mehr-reden. Das ist eine hoch problematische Form des Trotzens. Regression und Aggression verbinden sich auf unheilvolle Weise.
Das beste ist, Sie besprechen die Problematik auf dieser Basis mit der am besten geeigneten Erzieherin im Ki-ga und bewegen Sie dazu, sich auf liebevolle Weise Ihrem Sohn als Ersatzbezugsperson zur Verfügung zu stellen. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 25.11.2005