Frage: schreianfälle

Sehr geehrter Herr Dr. Posth, mein Sohn (knapp 3J.) hat immer wieder Schreianfälle, mit denen ich nicht umgehen kann. Es fängt an mit weinerlichem Ton, z.B. "geh weg (ich gehe weg) nein komm wieder (ich komme wieder) geh weg"..., dann fängt er furchtbar zu schreien an und ist für nichts mehr zugänglich - weder Trösten noch Schimpfen helfen. Habe dann das Gefühl, er ist mit sich sooo verzweifelt, dass er nicht weiß, wie er aus der Situation rauskommen soll. Er hat mich schon brüllend angefleht, ich solle ihn aufs Bett schmeißen. Er schreit dann oft 15-20 min, dann ist alles wieder gut, als hätte man einen Schalter umgelegt. Was halten Sie von solchen Anfällen und wie gehe ich damit um? Er war ein sog. Schreibaby und hat überhaupt eine recht zarte Seele - so mein Eindruck. Ansonsten ist er sehr fröhlich, phantasievoll, offen, umgänglich und kann gut mit sich selbst spielen. Er hat einen Bruder (13 Mon.), den er sehr mag (keine/kaum Eifersucht). Vielen Dank für Ihre Mühe

Mitglied inaktiv - 05.12.2005, 17:39



Antwort auf: schreianfälle

Hallo, Ihr Sohn verhält sich mit seinen knapp 3 Jahren, als stünde er noch auf der Entwicklungsstufe eines Eineinhalbjährigen. D.h. er erlebt zwar in sich klare Willenäußerungen und kann sie jetzt schon verbalisieren, also aussprechen, steckt aber noch so in seiner Entscheidungsohnmacht, daß er davon regelrecht geschüttelt wird. Sie müßten verstehen, daß er das nicht tut, um Sie zu terrorisieren, sondern im Gegenteil, er ist der Terrorisierte, und zwar von seinem eigenen zur Entscheidung unfähigen Willen. Daher rühren seine Ausbrüche und daher ist er so verzweifelt, daß er Sie um totale Übermächtigung bittet, um durch die "Selbstbestrafung" innerlich zur Ruhe zu gelangen. Das gelingt ihm dann nach einer viertel Stunden toben. Solche Verhaltensweisen gehören auch zur Regression und bedeuten, daß es auf emotionaler Ebenen bei Ihrem Sohn zu einem Entwicklungsrückstand gekommen ist. Den auszugleichen ist jetzt nicht mehr so einfach. Unbedingt zu berücksichtigen wäre, wie überhaupt die primäre Bindung zustande gekommen ist in der Säuglingszeit, immerhin war er ja wohl ein sogenanntes Schreibaby, und wie es mit der Loslösung klappt, also die aktuelle Vaterbeziehung. Am besten, Sie schreiben mir noch einmal, damit ich einen besseren Überblick habe. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 09.12.2005