Frage: Rückfrage zu 47291 vom 16.1.

Vielen Dank für Ihre Antwort. Zwei Fragen dazu noch: 1) Mein Sohn merkt sich alles wirkl. sehr schnell u. gut und ist sehr aufmerksam und an allem interessiert, kann vieles gleich auswendig, Puzzles für 3jährige etc., hat aber andererseits eine sehr niedrige Frustrationstoleranz, was mir Sorge bereitet (z.B. wenn er kurz warten muss, wenn ihm etw. zu Boden fällt, wenn ihm etw. nicht gleich gelingt ->gleich schreien). Ich versuche sein Selbstbewusstsein aufzubauen (viel Lob, darf Entscheidungen treffen, auf ihn eingehen), Papa präsent. Erhöht sich so die Frustrationstoleranz bei JEDEM Kind automatisch od. was kann man machen? 2) Bzgl. Sprache: Mein Sohn spricht für sein Alter (26M) sehr gut: spricht ganze Sätze, guter Wortschatz, vieles grammatik. richtig, Verbzweitstellung, Beginn von Nebensätzen (wenn…), Passiv, andererseits verwechselt er ICH u. DU (theoretisch weiß er es, aber praktisch sagt er immer DU, wenn er von sich selbst spricht). Wann soll er das können?

von Fleur123 am 23.01.2012, 07:33



Antwort auf: Rückfrage zu 47291 vom 16.1.

Hallo, die Verwechslung vonn "ich und du" ist ein kompliziertes semantisches Problem. Ein paar Antworten dazu habe ich unter selbigem Stichwort in der Liste gesammelt. Da die Kinder nicht verstehen, dass diese Pronomina stellvertretend für die Person stehen und in der Anrede umgedreht werden müssen, kann es bis zum 3. Lebensjahr dauern, bis ihnen das nötige Licht aufgeht. Aber es gibt auch viele Kinder, die es von Anfang an richtig machen. Ich kenne keine Untersuchung dazu, was es zu bedeuten hätte, dass ein Kinder länger für dieses Verständnis braucht. Spricht es insgesamt gut, so wie Ihr Sohn, dann hat sprachlich sicherlich nicht viel zu bedeuten. Kognitiv-geistige Entwicklung und emotionale Entwicklung gehen nicht Hand in Hand. Sie treffen sich eigentlich erst nach dem 4. Lebensjahr, wenn der doppelte Perspektivwechsel eingesetzt hat (s. mein Langtext über das emotionale Bewusstsein, Teil 4) und sich Erkenntnis bzw. Verstand und Gewissen bzw. Emotion in der Vernunft zusammenfinden. Das ist höchst kompliziert und so schnell nicht zu erklären, aber mein Langtext versucht es. Kurz gesagt: Ungeduld ist ein emotionales Phänomen und Frustrationstoleranz, die Fähigkeit des Verstandes, die aufbrausende Emotion unter Kontrolle zu bekommen. Aber das geht nicht automatisch. Dazu gehören tatsächlich Entwicklungen wie ein ausgewogenes Selbst und die Bereitschaft der Rücksichtnahme auf die Anderen. Stärkung des Selbstbewusstseins ist aber ein entscheidender Schritt auf diese Fähigkeit zu. Sie gelingt aber nur, wenn das Kind auch etwas Anerkenneswertes gemacht hat. Dafür zu sorgen ist bald wichtiger als das Loben an sich. Denn das Kind sollte mit der Zeit lernen, seine Leistung selbst zu erkennen und allein darauf ein Selbst-Lob auszusprechen. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 24.01.2012