Frage: Rechte des Kindes verletzt?

Viele haben ja längst begriffen, dass die harte Ablösung nicht dem Wohle des Kindes dient. Aber reicht das aus? Ich bin erstmalig Zeugin einer harten Trennung eines 1,5-Jährigen geworden, da ich unseren Sohn sanft ablöse und den Vormittag in der KiTa verbringe. Was bei so einer Trennung "hinter den Kulissen" abläuft, das hätte ich nicht in meinen schlimmsten Vorstellungen erwartet! Man hört immer, dass das Kind zwar weine, sich aber schnell beruhigen ließe. In Wahrheit hat dieser Junge 50 Min in panischer Angst geschrien, das war wie eine Folter. Die Erz. nahm es locker, hielt ihn ganz cool auf dem Arm und wartete ab. Am Ende gab der Junge vor Erschöpfung auf und hing wie ein Sack über der Schulter der Erzieherin. Mit geschwollenen Augen, Lippen und Backen. Als er abgeholt wurde, rannte er lachend auf seine Mutter zu, sodass es für sie keinen Zweifel am Vorgehen der Einrichtung gab. Ich stelle mir jedoch Frage, ob hier nicht die Grundrechte des Kindes verletzt werden?

von melani201 am 01.10.2012, 08:57



Antwort auf: Rechte des Kindes verletzt?

Hallo, Ihre Frage ist sehr berechtigt, und ich bin durchaus der Auffassung, dass hier Grundrechte des Kindes beschnitten werden. Z.B. das auch im Bürgerlichen Gesetzbuch im §1631 niedergeschriebene Recht auf gewaltfreie Erziehung. Und was ist das anderes als Gewalt, ein schreiendes Kind von seiner Mutter zu trennen oder die Mutter nicht zu rufen, wenn sich dieses Kind nicht in kürzester Zeit beruhigt. Was Sie mit Ihrer Beobachtung schildern, sind alle typischen Zeichen der nicht sanften Ablösung, außer vielleicht der Tatsache, dass sich diese Erzieherin wenigstens um den Kontakterhalt zum Kind bemüht hat. Es gibt auch die Fälle, dass die Kinder schluchzend in der Ecke sitzen und völlig allein gelassen werden. Was aber hier hingehört hätte, wäre die Benachrichtigung der Mutter und das sofortige Abholen des Kindes. Und dann hätte man die Vorgehensweise der sanften Ablösung noch einmal detaiilliert besprechen müssen. Es ist eben kein Fantasiegebäude, das die Entwicklungspsychologen da aufbauen. Es ist Ergebnis genauer Beobachtung des Verhaltens von Kindern in diesen Ablösungssituationen mit der Feststellung, dass gerade die Kinder unter 3 Jahren diese Herausforderung in den meisten Fällen noch nicht meistern können. Dazu braucht man eigentlich gar nicht mehr den Cortisolgehalt im Speichel zu messen. Ich kann nur jeder Mutter empfehlen, wachsam zu bleiben und auf alle Anzeichen eines chronischen Stresses bei ihren Kinder in der frühen Fremdbetreuung zu achten. Die Anzeichen decken sich mit dem, was bei Nichtreagieren dann Trennungsangst ausmacht. Es gibt kein gesundes Gewöhnen an diese Erlebnisse. Es gibt nur Anpassung wegen Aussichtslosigkeit des Protests und Entstehung von Angst, die im späteren Leben in anderen Formen und Zusammenhängen dann immer wieder auftreten kann. Viele Grüße und danke für Ihre Mitteilung

von Dr. med. Rüdiger Posth am 05.10.2012



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