Lieber Herr Dr. Posth, noch eine Frage aus Frankreich: Wie schon beschrieben mag mein Sohn (14 Mo) nur wenige Nahrungsmittel, v. a. nichts Neues probieren (Beikosteinführung ab 6 Mo). Stille ihn deshalb noch morgens, mittags u abends; ansonsten ißt er Brot mit Käse/Schinken, Joghurt u wenig Obst(-Kompott). Kein Gemüse od Fleisch (außer als Brotaufstrich "versteckt"). Brustentwöhnung nachts hat dank Ihrer Tipps vor kurzem gut u ohne Weinen geklappt; führt allerdings auch nicht zu vermehrtem Appetit tagsüber. Er hält auch "nur" ca. 8 Stunden ohne Brust durch, wacht weiterhin ca. alle 3 Std auf, dann trage ich ihn kurz.
Er möchte unbekanntes Essen noch nichtmal anfassen, macht ein angeekeltes Gesicht, schüttelt sich u möchte anscheinend, dass ich ihm die Finger schnell wieder säubere. Mittlerweile Eisenmangel (behandelt). Sollten wir uns (wie hier geraten) an einen Kinderpsychologen wenden, od ist das alles noch im Rahmen des "Normalen"? Danke!!
von
Alouette
am 14.11.2011, 11:07
Antwort auf:
Psych. Eß- und Schlafproblem?
Hallo, die Skepsis neuen, ungewohnten Nahrungsmitteln gegenüber bei Kleinkindern ist genau genommen ein natürlicher Prozess. Dem Kind wird von seiner Natur aufgetragen, nicht alles gleich zu essen, was es sieht oder was ihm angeboten wird, denn es könnte ja verdorben oder gifitg sein. Nahrungsmittel mit Bitterstoffen (v.a viele Gemüsesorten) und auch z.T. Fleisch lösen beim Kind Argwohn und Abneigung bis zum Ekel aus. Zwingt man jetzt sein Kind, diese Dinge zu essen, erzeugt man zwei äußerst schwierige Reaktionen, erstens das Runimieren und Erbrechen (ein Kind kann gleichsam auf Kommando erbrechen) und zweitens die Nahrungsverweigerung sprich Essstörung.
Überhaupt besteht in unserer an Nahrungsmitteln überreichen Gesellschaft das Bedürfnis, Kinder mit viel zu vielen Nahrungsmitteln zu konfrontieren. Aber Kinder leibe die Abwechslung gar nicht. Im Gegenteil, sie könnten jeden Tag dasselbe essen, wenn es ihnen schmeckt. Als Eltern hat man nur die Aufagabe, dafür zu sorgen, dass mindestens ein vollwertiges Nahrungsmittel darunter ist (Milch ist vollwertig, Ei, vollwertiges Brot, ungeschälter Reis, natürlicher Weizengries, Dinkel, Hirse usw.) und dass eine ausreichende Menge davon zur Verfügung steht. Am besten ist es, wenn die Nahrung leicht süß schmeckt ohne Kochzucker, denn die Kinder brauchen viel Kohlenhydrate für ihre unbändige Energie. Und dann muss das Essen noch Spaß machen und darf mit dem Spiel vergesellschaftet sein. Die Sache mit dem Eisenmangel wird oft übertreiben. Entscheidend sind der Hämoglobinwert im venösen Blut (nicht kapillar!) und die Eisenbindungskapazität. Das sollten Sie mit Ihrem KiA/KiÄ klären. Wenn Sie nämlich jetzt Eisentropfen geben, verderben sie den Appetit noch einmal. Viele Grüße nach Frankreich
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 19.11.2011