Frage: Pflegekind Bindung

Hallo Herr Dr. Posth, seit zwei Monaten sind wir Pflegeeltern eines 18 mon. alten Mädchen. Rückehroption steht (Termin ungewiss), Mutter besucht sie sporadisch bei uns zu Hause. Misshandlungen und schwere Vernachlässigungen gab es nicht. Die Kleine war allerdings viel sich selbst überlassen, im Bettchen liegend, eine Milchflasche nach der anderen trinkend. Sie ist zu jedem gleich freundlich und will sofort von jedem, auch ihr völlig fremden Personen, aufgenommen werden. Zu ihrer Mutter zeigt sie kein anderes Verhalten wie zu jeder anderen Person die uns besucht. Wir selber versuchen, ihre Bindungsentwicklung zu uns Pflegeeltern trotz Rückkehroption "forumsgetreu" zu unterstützen, oder sollten wir besser keine allzu enge Beziehung fördern? Wie sollten wir mit ihrer übergroßen Freundlichkeit zu Fremden umgehen? Sollten wir unsere Besucher bitten, sich ihr gegenüber distanzierter zu verhalten? Viele Grüße

Mitglied inaktiv - 26.01.2009, 09:43



Antwort auf: Pflegekind Bindung

Stichwort: Bindungsstörung Hallo, ihre Pflegetochter zeigt die typischen Verhaltensweisen einer frühkindlichen Bindungsstörung. Dem zugrunde liegt offenbar eine stark vermeidende bis desorientiert Bindung der Mutter gegenüber, begründet durch die starke Vernachlässigung. Dies wäre die kinderpsychiatrische Diagnose auf den Grundlagen der Bindungstheorie. Wenn Sie das Mädchen behalten wollen und können, ist es für die noch mögliche Heilung des Selbst dieses Kindes von unschätzbarem Wert, wenn es Ihnen gelingt, in ihr eine neue Bindung zu ihnen erstehen zu lassen. Sie würden diesen Heilungsprozess darin merken, dass die Distanz zu den fremden Personen eines Tages von alleine einsetzt. Hinderlich dabei ist aber das erhaltenen Besuchsrecht der leiblichen Mutter. Die heutige Rechtssprechung hat leider noch nicht begriffen, dass die juristische Sachlage im Familienrecht in diesen Fällen den psychologischen Aspekten diametral entgegengesetzt steht. Das liegt daran, dass heutzutage das Elternrecht immer noch vor dem Kindesrecht geht. Ich hoffe, dass sich das eines Tages ändern wird. Fremde Menschen, die die psychologischen Zusammenhänge bei bindungsgestörten Kindern nicht verstehen oder nicht begreifen können, halten die "Zutraulichkeit" dieser Kinder für eine erfreuliche Eigenschaft und eine praktische Verhaltensweise. Sie selbst sind ja die Nutznießer davon und halten sich dabei auch noch für kinderfreundlich. die Schattenseite dieser Kinder nehmen sie dann nicht mehr wahr. Insofern ist es richtig, dass Sie als die neuen Eltern zum Schutz Ihres Zöglings die fremden Leute in die nötigen Schranken weisen. Viele Grüße und berichten Sie einmal wie es weiter geht.

von Dr. med. Rüdiger Posth am 28.01.2009



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