Lieber Dr. Posth,
unsere Tochter ist 19 Monate alt. Im ersten Lebensjahr haben wir uns mit der Oma aus Gründen der Selbstständigkeit die Betreuung geteilt. Zoe war allen drei Bezugspersonen (mama, papa, oma) sehr zugetan. Seid zwei Monaten ist der Papa jedoch nicht mehr wirklich akutell. Sie hängt sehr an mir und meiner Mutter (Opa ist zur Zeit auch abgeschrieben). Sie läßt sich vom Papa wickeln und spielt auch gerne mit ihm. Mir schenkt sie jedoch ihre ganze Zuneigung, was meinen Mann manchmal schmerzt. Auch darf er mich nicht umarmen oder einen Kuß geben, dann fängt sie an zu motzen. Di. und Fr. wird sie von meiner Mutter betreut. Wenn ich ihr sage: Papa fährt dich zur Oma, rennt sie freudestrahlend zum Papa und sagt mir "Tschüß". Sie geht gerne weg, läßt mich aber nicht so gerne gehen. Wie kann ich meinem Mann Mut machen, das sich das Verhalten wieder ändert. Er geht mit ihr sehr aufmerksam und liebevoll um.
PS: sehr interessantes und spannendes Buch, vielen Dank Jasmin
Mitglied inaktiv - 01.10.2007, 13:07
Antwort auf:
Papa
Stichwort: Bindungsverwirrung
Hallo, es handelt bei der gemeinsamen Betreuung des Säuglings durch Mutter und Vater sowie noch einer weiteren Bezugsperson (bei Ihnen die Oma) um ein relativ neues Phänomen in der Bindungsgestaltung, so dass hierzu nur wenig Beobachtungen vorliegen. Aber eins scheint sich abzuzeichnen, und das versuche ich auch in meinem Buch abzuhandeln; für das Kind ist es schwierig, sich in seinen Bindungs- und Lolösungsprozessen zurecht zu finden. Vor allem im Zuge der Loslösung weiß das Kind dann nicht, wer jetzt von den sich anbietenden Personen eigentlich die sein soll, die ihm als Loslösungvorbild dient. So wird es versuchen, erst einmal Klarheit in die Rollen zu bekommen, die die einzelnen Personen spielen (das "berühmte" Phänomen, daß das Kind die Eltern nicht in Vereinigung sehen möchte). Dann wird es versuchen, die Loslösungaufgabe einer bestimmten Person zuzuweisen, wahrscheinlich derjenigen, die für die Bindung etwas geringer repräsentiert ist. (Repräsentiert heißt wahrgenommen und in der eigenen Vorstellungswelt in bestimmter Wiese zugeordnet). Das scheint bei Ihnen der Vater zu sein. Wenn Sie dann vom Papa zur Oma mitgenommen wird, entspricht das ihren Loslösungsbestrebungen. Folglich ist sie glücklich und zufrieden. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 05.10.2007