Frage: Nein !!!

Hallo zusammen !!! Bin mittlerweile am verzweifeln. Kann mir jemand sagen, wie ich meinem Sohn (18 Mon.), dass Wort "Nein", bzw. den Sinn dieses Wortes verdeutlichen kann? Er findet es ganz toll, wenn ich ihm sage, dass er dies und das nicht machen soll und zum Dank lacht er mich an. Vielleicht hat ja jemand eine Lösung!?

Mitglied inaktiv - 06.01.2003, 23:44



Antwort auf: Nein !!!

Liebe Carlotta und die Anderen, es ist eine lange Geschichte mit dem "NEIN". Zunächst einmal müssen Sie sich alle vorstellen, daß das Kleinkind nicht nur das Wort "nein" nicht kennt, sondern auch und v.a. seinen Inhalt. Nein ist kein Gegenstand, auf den man zeigen kann, kein Ding, das man anfassen und hin und her schieben kann. Nein ist ein hochgradiges Abstraktum!! mit Aussageinhalt. Denken sie mal, was "nein" alles bedeuten kann. Es kann theoretisch sogar "ja" bedeuten (bei entsprechenden Hintergedanken). Das Kind muß zwei Dinge in einem lernen. Erstens: Nein bedeutet, daß es die Tätigkeit, die es gerade ansetzt zu vollenden (u.U. lustvoll!) abbrechen muß. Das ist noch konkret und wenn auch unliebsam nachvollziebar. Dann muß es aber auch lernen, daß "nein" eine Botschaft darstellt, nämlich die, daß mit diesem Wort ein Verbot ausgesprochen wird, welches unabhängig von der jeweiligen Situation und Tätigkeit immer gilt. Wie soll das Kind diese hochkomplizierten Zusammenhänge sofort verstehen? Insbesondere den zweiten Inhalt des "Nein" kann ein Kind nicht gleich verstehen, denn es weiß ja gar nicht, worauf sich das Verbot in Zukunft noch beziehen wird. Es kennt diese verbotenen Dinge ja noch gar nicht! Es kennt noch nicht einmal die Zukunft. Ein allgemeines Prinzip ist aber nur dann verständlich, wenn sein Verallgemeinerungscharakter erkennbar ist. Das setzt wiederum begrifflich-kategoriales Denken voraus, also ein gewisses Maß von Logik. Wir wollen das hier nicht vertiefen. Was tut ein Kleinkind ist dieser, seiner Verunsicherungfalle? Es tut das, was ihm die Natur mitgibt an Mechanismen, sich in solch komplizierte Zusammenhängen zurecht zu finden. Es wiederholt und es spielt. Wiederholung und Spiel, bzw. beides zusammen sind die Mechanismen im gesamten Leben, komplizierte, abstrakte Dinge zu begreifen. Jeder von uns Erwachsenen macht es nicht anders. Nur geben wir unserem Verhalten und Handeln andere Namen, z.B. Probieren, Nachvollziehen, Einüben, Experimentieren, einen Versuch machen, etc. Die ganze Wissenschaft ist ein unendlichen Ausprobieren, Experimentieren, Wiederholen, Nachprüfen u.s.w. Wir könnten auch sagen, wir alle spielen. Betrachten Sie jetzt das Verhalten ihrer Kinder mit der korrigierten Sicht, und sie werden sofort verstehen, warum Ihr Kind so reagiert. Sie verstehen auf einmal, daß es nicht widerspenstig ist und nicht gehorchen will, sondern daß es sich daran erfreut, mit Ihnen zusammen als seinen Eltern die Inhalte des Nein! durchzuspielen, und zwar immer wieder und solange, bis es begreift, was damit gemeint ist. So kann das Kind lustvoll! und mit Spaß darauf vorbereitet werden, Regeln zu lernen, deren Anerkennung und Befolgen es in Zukunft mit Selbstbewußtsein und innerer Stärke erfüllt. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 10.01.2003