Muss ich mir Sorgen machen das mein Sohn in der Krippe keine Bindung zu mir zeigt?

Dr. med. Rüdiger Posth Frage an Dr. med. Rüdiger Posth Facharzt für Kinderheilkunde, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut

Frage: Muss ich mir Sorgen machen das mein Sohn in der Krippe keine Bindung zu mir zeigt?

Hallo, Mein 17 monate alter Sohn besucht seit ca. 2 Monaten fuer 8 Stunden am Tag eine Kinderkrippe. Bis dahin wurde er von mir und meinem Mann wechselseitig Zuhause betreut. Wir leben in den USA und eine Eingewoehnungsphase ist hier nicht vorgesehen. Ich bin vor dem eigentlichen Beginn mit meinem Sohn eine Tage fuer ca. eine Stunde "zu Besuch" gewesen. Am Anfang gab es ein paar Traenen beim Abgeben oder auch beim Abholen, aber mittlerweile winkt er mir frohelich zu wenn ich Morgens gehe und ist Abend kaum zum gehen zu bewegen. Alle seine Lehrerinnen werden zur Begruessung and Verabschiedung umarmt, ich werde kaum wahrgenommen... Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin ausgesprochen froh dass er sich dort so wohlfuehlt. Es sind immer mindestens 3 Lehrer fuer 10 Kinder anwesend und dann noch eine studentische Aushilfe. Muss ich mir Sorgen machen dass er so gar keine "Bindung" zu mir zeigt?

von USmama am 27.06.2011, 04:30



Antwort auf: Muss ich mir Sorgen machen das mein Sohn in der Krippe keine Bindung zu mir zeigt?

Stichwort: Fremdbetreuung Hallo, die Strategien, wie die Kinder mit den Erfahrungen des Abgebens in die Fremdbetreuung umgehen, sind etwas unterschiedlich. ZUm einen hängt es davon ab, wie die Bindungs-Vorerfahrungen des Kindes sind, und zu anderen, auf welche Umstände sie bei der Fremdbetreuung stoßen. Werden sie sehr liebevoll aufgenommen und zuverlässig umsorgt, beginnen sie bald, auch Bindungsgefühle zu ihren neuen Bezugspersonen aufzunehmen. Das hat ihnen die natur so vorgegeben, weil es dem Überlebensprinzip dient. Die Gefahr in Urzeiten, seine Eltern zu verlieren war groß, und wenn die Kinder sich nicht an neue Bezugspersonen binden könnten, wären sie selbst damit verloren. Im Grunde macht man sich bei der Fremdbetreuung dieses Urprinzip zunutze. Aber man darf es nicht überstrapazieren, denn bei solchen Prozessen kann es leicht zu Beziehungsstörungen kommen. Das wird nun so gut wie nicht untersucht, wohl auch in Amerika nicht (wo es allerdings die NICHD-Studie gibt). die Ergebnisse könnten die positiven Beurteilungen über die frühe Fremdbetreuung einschränken. Ihr Sohn reagiert Ihrer Beschreibung nach ganz normal mit einer Phase der Verunsicherung und Weinen und einer Phase der Gewöhnung bzw. Anpassung und der Freude. Sicher wäre eine sanfte Ablösung besser gewesen, aber das erfordert einen hohen Aufwand und psychologische Vorarbeit und Ausbildung. So nimmt man die Verunsicherung des Kindes in Kauf und wartet oder hofft auf die Gewöhnung, die bei einem guten psychologischen und sozialen Angebot in der Einrichtung auch zustande kommt. solange das Kind zu Hause nicht stark aggressiv oder regressiv reagiert und offensichtlich gerne in seine Gruppe geht, solange darf man davon ausgehen, dass die seelischen Blessuren bewältigt werden. Aber die Mütter müssen wissen, dass ihre Kinder sich auch an die neuen Bezugspersonen anbinden und damit ihnen selbst Konkurrenz schaffen. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 27.06.2011



Ähnliche Fragen ähnliche Fragen

Auswirkung Elternzeit u. FST auf Bindung/LL

Hallo Herr Posth, mein Mann wird im 13. und 14. Lebensmonat unseres Sohnes in Elternzeit sein und freut sich sehr darauf. Aber ist das überhaupt sinnvoll im Hinblick auf die LL? Wenn nun die LL gerade während der Elternzeit voll in Gang kommt (Sohn hängt jetzt schon sehr an s. Papa), kann es dann für unseren Kleinen nicht sehr schwer werden, wen...


BINDUNG

Sehr geehrter Posth,kann man bei einem 6monate alten baby schon Zeichen unsicherer Bindung erkennen?wie würden diese aussehen?unser Sohn(in großfamilie aufgewachsen) ist bei jedem gern auf dem. Arm auch bei weniger vertrauten Personen(grosstante,die bei der Taufe da war).wenn er mich dann wieder sieht,zeigt er zwar ein lächeln,aber irgendwie nicht ...


Bindung zur 4 jährigen verlieren

Guten Abend, eigentlich war unser Verhältnis sehr gut. Umso älter sie wird, umso mehr hab ich das Gefühl, die Bindung zu ihr zu verlieren. Keine Ahnung,  wann es anfing. Das prägenste ( ich glaub ) erste Erfahrung: ich brachte den Bruder mit aus dem Krankenhaus. Sie war Feuer und Flamme für ihn. Mein Mann ist auch der beste. Ich wurde die ersten 2...


Unsichere Bindung?

Guten Tag! Ich habe langsam Bedenken, ob die Bindung zu meinem aktuell 19-monate- alten Sohn nicht Schaden einnimmt. Ich bin Ärztin und im Schichtsystem tätig, das heißt, ca. 6 Nachtdienste monatlich vor Ort. Mein Mann berichtet seit 4 Monaten über teils massive Schlafstörungen beim Kleinen, wenn ich auf Arbeit bin, mittlerweile frage er abends...


Probleme Übergang von Krippe in den Kindergarten

Guten Tag,  meine Tochter (3 Jahre) geht seit sie 17 Monate ist in die Krippe. Die Eingewöhnung dort war extrem schwierig mit großer Trennungsangst. Inzwischen fühlt sie sich in der Krippe sehr wohl und hat dort auch Freunde  Da sie seit einigen Tagen drei Jahre alt ist, begann schon im Januar die Eingewöhnung im Kindergarten - in derselben ...


Übertriebene oder berechtigte Sorge bzgl. Bindung zu Baby

Hallo Frau Henkes, ich mache mir sehr viele Gedanken um die Bindung zu meinem 6 Monate alten Sohn und bin inzwischen durch diverse Meinungen so verunsichert, dass ich nicht mehr weiß, ob meine Sorgen und Ängste übertrieben oder berechtigt sind. Generell neige ich leider zum Perfektionismus und übertrage das auch auf die Mutterrolle, obwohl ich ...


Eingewöhnung in die Krippe

Sehr geehrte Frau Henkes, meine Tochter, 18 Monate,  wird seit 3 Wochen in der Krippe eingewöhnt. Die ersten zwei Wochen begleitete der Papa, seit dieser Woche die Oma. Wir haben entschieden, dass ich nicht die Eingewöhnung begleite, weil wir davon ausgehen, dass die Ablösung von mir ihr noch schwerer fällt. Jedoch zweifle ich inzwischen, ob di...


Unsichere Bindung? Extremes Fremdel- und Anhänglichkeitsverhalten (11 Monate)

Sehr geehrte Frau Henkes, ich mache mir in letzter Zeit vermehrt Sorgen über die Bindung zu meiner Tochter M., die jetzt 11 Monate alt ist. Ich habe mir gerade den Artikel Ihres Kollegen Dr. Rüdiger Posth „Das emotionale Bewusstsein“ durchgelesen, speziell das 2. Kapitel zu Fremdeln und Anhänglichkeit (https://www.rund-ums-baby.de/entwicklun...


Bindung und Urvertrauen zum Baby

Liebe Frau Henkes, mein Sohn ist 6 Wochen alt und die Schwangerschaft war geprägt von Ängsten, Zweifeln und Ablehnung gegen ihn. Ich habe auch mehrfach gesagt, ich hasse ihn und es war keine Bindung da. Nach der Geburt war etwas Bindung da und er ist auch ein niedliches Baby. Ich versorge und stille ihn,  versuche ihm alles mögliche zu geben...


Krippe nicht gehen wollen

Hallo Frau Henkes,  ich hane bereits bzgl der anfangs schwierigen Eingewöhnung unseres Sohnes geschrieben.  Er ist 29 Monate alt. Lange hat er nicht gesproschen, was er nun in 3.5 Monaten aber gut aufgeholt hat mit einem immensen aktiven / passiven Wortschatz. Er ist kognitiv fit, kann beim spielen mit seiner Schwester und ihren Freunden (4-...