Frage: Mein Sohn und der Wolf

Lieber Hr. Dr.Posth! Heute kein "Problem", sondern eine Beobachtung bei meinem 3Jährigen. Er hat ein z.Zt. ausgeprägtes Interesse an Wölfen, nicht an "realen" Tieren, sondern der Märchenfigur. Jeden Tag müssen wir Eltern Geschichten erfinden, in denen ein Wolf Tiere verschlingt, dann jedoch von schwächeren Tieren besiegt wird und gefressenes Tier wieder ausspuckt und abhaut (er gibt das Ende vor). Wölfe scheinen eine besondere Faszination auf Flo auszuüben, so eine Art "wohliges Gruseln". Er möchte jetzt einen "Wolf-Pulli", sucht sich immer Bilderbücher mit Wölfen, malt Wolf-Kopffüssler und ist begeistert von "Peter und der Wolf". Mich würde interessieren: Was fasziniert wohl meinen Sohn an der Figur? Kann man dies psychologisch deuten oder interpretieren? Sagt dieses Interesse etwas über Charakter oder Entwicklungsstand aus? Wie sollte weiter mit dem Thema umgegegangen werden? Danke für eine Antwort! LG eine neugierige Tanja

Mitglied inaktiv - 29.08.2005, 10:46



Antwort auf: Mein Sohn und der Wolf

Liebe Tanja, die Psychoanalyse ist voll von solchen Interpretationen über das menschliche Verhältnis zum Wolf und in der Mythologie verschmilzt der Mensch sogar wesensmäßig mit dem Wolf als Werwolf. Bruno v. Bettelheim hat viel über die Märchenwelt geschrieben und dabei psychologisch interpretiert. C.G.Jung hat menschliche Archetypen entwickelt, wobei auch der Wolf eine symbolische Bedeutung hat. Ich persönlich glaube, was die Symbolwelt des Kindes anbelangt, an die kindliche Erforschung der Machtstrukturen. Da ist das Wolfsmotiv ganz tief verankert. Peter und der Wolf ist (abgesehen von der genialen Musik S.Prokofjev´s) ein gutes Beispiel für Macht und Bedrohung des Menschen durch den Wolf. Peter siegt letztendlich und rettet die Tiere vor der Gefahr bis auf die Ente, die aber am Leben bleibt. Genau das will ihr Sohn erfahren. Ein pfiffiger, schlauer und unerschrockener Mensch kann die Gefahren in und aus der Natur bannen. Er selbst wird zu Peter in seiner Phatansie. Wenn die Kinder älter werden und ihre Symbolwelt Schritt um Schritt verlassen müssen, ist der Fall in die Wirklchkeit tief, wenn sie erleben, daß es in Wahrheit umgekeht ist und die Natur den Menschen beherrscht. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 31.08.2005