Hallo Dr. Posth,
unser 5jähriger mittlerer Sohn macht uns derzeit Sorgen. Einerseits ist er unheimlich schlau, kann Geschichten und Tagesabläufe detailliert und korrekt wieder geben und andererseits kann (will?) er einfachste Alltagsfragen nicht beantworten bzw. behauptet steif und fest das Gegenteil.
Beispiel: Wir machen einen Ausflug und fragen ihn, ob er Crepe oder Eierkuchen möchte. Lassen ihn den Eierkuchen kosten und sagen, dass sein Bruder einen Crepe möchte. Er besteht auf Eierkuchen. Als dieser kommt, will er plötzlich auch Crepe (diese Wendung hätten wir ja noch nachvollziehen können), ABER: er besteht darauf, die ganze Zeit gesagt zu haben, dass er Crepe will.
So geht das ganz oft. Er spielt sehr viel im KiGa mit einem Kind, das lügt und in seinem Charakter recht hinterhältig ist, wenn es um den eigenen Vorteil geht. Dieses Kind läßt sich bei entsprechender Ansage aber recht leicht vom Lügen abbringen - unseres nicht.Was tun?
Mitglied inaktiv - 26.04.2011, 10:10
Antwort auf:
Lügen oder Wahrnehmungsstörung 5 Jahre was können wir tun?
Hallo, mit 5 Jahren muss man davon ausgehen, dass ein Kind Wahrheit und Erdachtes auseinanderhalten kann. In dieser Hinsicht haben Sie recht, den Begriff Lügen ins Spiel zu bringen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das Lügen ist, was Ihr Sohn macht. An dem Beispiel, das Sie schildern, wird deutlich, wie Ihr Sohn vor allen Dingen seinen Sinneswandel verbergen möchte vor der Entdeckung, von dem er annimt, dass er nicht rechtens ist. D.h. er versucht sich mit vielleicht wenig tauglichen Mitteln aus der Affaire zu ziehen. Das aber ist kein Lügen, sondern in gewisser Weise sogar recht intelligentes Verhalten. Viele erwachsene Menschen gehen noch genauso vor, wenn Sie versuchen wollen, einen von ihnen begangenen Irrtum oder Fehler zu verbergen. Sie ändern einfach die Prämissen, indem Sie sagen, sie hätten vorher eigentlich das Richtige gedacht, dann aber nur das Falsche ausgeführt. Damit wird der Fehler verzeihlich. Ob das glaubhaft erscheint, bleibt dahingestellt.
Nur ist es eben schwer für jeden Menschen, Kinder ganz besonders, einen Fehler oder einen Irrtum zuzugeben, und man muss sich als Eltern fragen, ob man mit seinen eigenen Ansprüchen an Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit das Kind nicht schnell in die Enge treibt, worauf es dann solche Verhaltensweisen entwickelt. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 29.04.2011