Sehr geehrter Dr. Posth! Unsere Tochter (3J 2M) hat sich seit der Geburt ihres Bruders (6M) gut an ihren inzwischen sehr engagierten Papa losgelöst – endlich! (Beschleunigte Loslösung gemäß Ihrem ersten Buch? Aber so spät?) Vorher ging die Loslösung nur sehr schleppend voran, weil mein Mann nur abends und am Wochenende da ist und unsere Tochter sehr an mir geklebt ist.
Nun aber sind die beiden unzertrennlich. Es ist aber so, dass es meinem Mann langsam zu viel wird! Sie klammert sehr, will oft auf den Arm, nur mit ihm spielen, direkt neben ihm im Bett schlafen (eigenes Bett daneben akzeptiert sie nicht), etc. Inwieweit muss mein Mann da mitmachen (er macht es gern, findet es aber auf Dauer anstrengend)? Und wie lange soll das so weitergehen mit der starken Fixierung auf meinen Mann? Wir hätten erwartet, dass unsere Tochter vielleicht irgendwann wieder uns beide gleichstellt. Vielen Dank für Ihre Antwort!
Frohes neues Jahr!
von
coasterin
am 02.01.2012, 11:04
Antwort auf:
Loslösung
Hallo, die von mir beobachtete "beschleunigte Loslösung" kommt dann zustande, wenn die primäre Bindung nicht sicher ist und erst die Loslösung für eine sichere Eltern-Kind-Beziehung sorgt, wobei der Vater dann verständlicherweise im Zentrum steht. Aber so wird es bei Ihnen wohl kaum gewesen sein, denn Sie gehen sicher von einer gelungen primären Bindung an Sie aus. Dafür spricht die lang anhaltende Präferenz für Sie und die relativ späte Loslösung. Aber es gibt kein Gesetz dafür, wann genau die Loslösung richtig in Gang zu kommen hat. Das kann also durchaus auch etwas später geschehen. Aber das Ziel dieser natürliche Vorgänge ist ja auch nicht die zu enge Bindung an den Vater, das Ziel ist die Selbstentstehung. Das heißt, ihre Tochter ist noch zu schwach zu sich selbst unterwegs. Dabei kann man ihr helfen, in dem man jetzt Schritt für Schritt das Selbstbewusstsein fördert (s. gezielter Suchlauf) und ihr gute Attributionen verschaftt. Da heißt, sie muss sich als kompetent und selbstständig erleben dürfen und Erfolge haben.
Wenn es Ihrem Mann zu eng wird, muss er das tun, was im zweiten Lebensjahr die Mutter getan hat, nämlich vorsichtig, immer zugewandt und ohne Druck ein wenig Distanz in der Verhältnis einbauen. Z.B. nicht mehr im elterlichen Bett schlafen, sondern im eigenen Bett direkt daneben. Wenn Ihr Mann ihr das eigene Bett schmackhaft macht und dort ihre Schlafbegleiter usw. positioniert, wird sie sich schon darauf einlassen. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 04.01.2012