hallo dr. posth,
unser sohn ist 4 1/4 j. alt. zum jahreswechsel hat er zu schreiben begonnen und seit januar bekommt er klavierunterricht. nun ist uns aufgefallen, dass er zwar schreiben kann, sich aber mit dem lesen und dem erkennen der laute/buchstaben in den worten noch sehr schwer tut. gleichzeitig erkennt er beim klavierspielen nicht, wenn er völlig falsche töne spielt, auch wenn er das lied in- und auswendig kennt und schon x-mal fehlerfrei gesungen hat.
kann es sein, dass zwischen dem zusammenziehen der buchstaben zu wörtern (bzw. dem zerlegen von wörtern in buchstaben) und dem zusammenziehen der einzelnen noten zu ganzen stücken (und umgekehrt) der gleiche (neuronale) mechanismus steckt? dass das verständnis dafür dann auch bei beiden dingen quasi gleichzeitig kommt?
danke und mfg,
shopgirl
Mitglied inaktiv - 30.01.2006, 08:02
Antwort auf:
lesen und musikstücke spielen - gleicher mechanismus?
Hallo, was man in der Wissenschaft inzwischen über das Musikverständnis des Menschen weiß, ist die Tatsache, daß das analytische Musikverständnis bei Rechtshändern im linken Schläfenlappen des Gehirn in der hinteren Temporalwindung liegt (Planum temporale) und das zughörige Klangzentrum, also das Wiedererkennen der Töne entsprechend auf der rechten Seite. Das hat aber zunächst mit der Sprache nicht viel zu tun, außer daß wahrscheinliche die Sprachmelodie auch in der rechten hinteren Temporalwindung zu suchen ist. Also der "Singsang" der Sprache ist so etwas wie Musik. Die Analyse der Wörter in Buchstaben dürfte aber einem eigenen Sprachfeld zuzordnen sein, das in Kontakt steht mit dem Broca´schen Sprachzentrum im linken Frontalhirn. Mit der Notation der Musik und dem Wiedererkennen des Lautes steht das zumindest in keiner unmittelbaren Verbindung. Allerdings ließe ich mich da auch belehren, wenn hierzu genauere, neurowissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 30.01.2006