Frage: Kinderkrippen-was sagt die Forschung...

Als Psychologin und Mutter muss ich mich an dieser Stelle in die Diskussion einmischen: Als Wissenschaftlerin habe ich den Eintritt meiner damals 1,5 Jahre alten Tochter in die Kita zum Anlass genommen, die aktuelle wissenschaftliche Literatur zum Themea "Fremdbetreuung" genauestens zu lesen. Ich möchte Herrn Dr. Posth sicherlich in keinster Weise disqualifizieren. Er ist sicher ein sehr guter Kinderarzt. Aber an seinen entwicklungspsychologischen Kenntnissen habe ich Zweifel. Denn die Forschung zeigt eindeutig: Fremdbetreuung in einer "high quality" Umgebung (also Kitas mit kleinen Gruppen, gut ausgebildeten Erziehern etc), haben einen durchweg POSITIVEN Effekt auf die Entwicklung. Kinder in Fremdbetreuung sind langfristig intelligenter, sozialer und haben eine positiverer Bindung an die ELTERN!!! Die Daten beruhen auf Langzeituntersuchungen (allerdings primär im amerikanischen Raum - wo die QUalität der Kitas mit Sicherheit noch schlecher ist als in Deutschland - kann ich aus eigener Erfahrung sagen, wir leben in den USA) und sind über viele Studien hinweg sehr konsistent. Einzig negativer Befund ist, dass die kleinen Kinder in der Kita am Anfang häufiger krank sind als nicht fremdbetreute Kinder. Diese Daten sind wie gesagt sehr konstistent für das Alter ab 1 Jahr. Fremdbetreunungsstudien für Babies unter einem Jahr haben hingegen gemischte Ergebnisse gebracht. Also um es nochmal klar zu sagen: Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es keine Daten, die irgendeinen negative Auswirkung von guten Kitas auf kleine Kinder zeigen. Ganz im Gegenteil! Die Effekte sind positiv und eben auch im Hinblick auf die dauerhafte Bindung an die Eltern!! (Und noch ein privates Wort dazu: Ich fand die Dyade nur Mutter und ein Kind zu Hause für beide Beteiligten Personen ungesund. Wir leben eben nicht mehr in Großfamilien, wo die Kinder automatisch von versch. Personen betreut wurden und sehr sehr viel Anregung durch ältere Geschwister, auf Haus und Hof arbeitende Eltern etc. hat.) Herzliche Grüße, Claudia

Mitglied inaktiv - 10.09.2003, 19:29



Antwort auf: Kinderkrippen-was sagt die Forschung...

Liebe Claudia, da ich gerade mitten drin bin, will ich Ihre Frage, so man sie als eine solche bezeichnen kann, vorwegziehen. Ich hoffe, die anderen Mütter haben dafür Verständnis. Wie Sie sich sicher vorstellen können, bin ich als Mediziner "studienerprobt". Ob aus Amerika oder Deutschland, es kommt, wie Sie mir bestimmt zustimmen werden, immer auf das Studiendesign an. Sie wissen sicher auch, daß in kürzeren Abständen dauernd sich widersprechende Studien publiziert werden, und es ist ein offenes Geheimnis, daß der Grund hierfür die unterschiedliche Interessenlage der Studienbetreiber ist, die auf das Studiendesign Einfluß nimmt. Das geht soweit, daß der Geldgeber für eine Studie zugleich Vorgaben macht, was bei der Studie herauskommen soll, oder dieser wählt sich ein Wissenschaftlerteam aus, das ihm die gewünschten Ergebnisse liefert. Pharmakonzerne sind da natürlich ganz vorne weg. Aber auch Studien, die in den gesellschaftlichen Bereich gehen, werden vorab gesteuert, vielleicht gerade sogar die. Nun zu Ihren entwicklungspsychologischen Studien. Vermutlich heben Sie auf die jüngst in Amerika gelaufene NICHD-Studie ab. Von der Zahl der beobachteten Kinder her, war sie zugegebenermaßen beachtlich und die Differenzierung der Fragestellungen war sicherlich gut durchdacht. Ob die Parameter zur Beurteilung der Ergebnisse alle valide und zuverlässig waren, möchte ich in Frage stellen. Hätte z.b. ich die Ergebnisse zu beurteilen gehabt, ich, der ich mit einem entwicklungspsychologisch geschärften Blick sicher andere Verhaltensweisen bei den Kindern wahrgenommen hätte, wären die Ergebnisse höchstwahrscheinlich anders ausgefallen. Das hätte der amerikanischen Öffentlichkeit möglicherweise nicht gepaßt, der deutschen paßt sie ja auch nicht so ohne weiteres. Immerhin hat die Studie die Merkmale der sicheren und unsicheren Bindungsformen bei Kleinkindern beachtet und als Maßstab herangezogen. Die Tatsache nun, daß sicher gebundene Kinder auch in optimaler Fremdbetreuung keinen eindeutigen "Knacks" im weiteren Verlauf ihrer Kindheit bekommen haben, ist wenig überzeugend. Eine gute primäre Bezugsperson ist nun einmal eine gute Ausgangsbasis. Das bestätigt all das, was ich hier den Eltern klarzumachen versuche und an früher Eltern-Kind-Interaktion empfehle. Daß Kind aus zerütteten Familienverhältnissen sogar schlechter abgeschnitten haben als einigermaßen gut fremdbetreute, war eigentlich auch zu erwarten. Eine gute Ersatzmutter kann für einen Säugling oder ein Kleinkind ist wesentliche Verbesserung seiner psychosozialen Situation sein. Daß eine problematische Fremdbetreuung natürlich zu einem schlechteren Verhaltensergebnis in der späteren Kindheit führt, ist eigentlich keine Neuigkeit. Und daß eine sozial problematische Familie zu Entwicklungsproblemen bei Kindern führt, bedarf überhaupt keiner Studie. Sie sehen, daß die Studie letztendlich nur das im Ergebnis spiegelt, was sich zwingend logisch aus der modernen Entwicklungspsychologie ergibt. Mit moderner Entwicklungspsychologie meine ich nicht nur die Bindungstheorie, sondern auch noch die Theorie der emotionalen Intergration, die ich hier im Internet schrittweise publiziere und die sich stark an der Neuropsychologie und Neurophysiologie ausrichtet. Hierzu gibt es z.B. in Deutschland allerneueste, sehr interessante Untersuchungen. Sie werden in meiner Darstellung des emotionalen Bewußtseins genannt. Genannt sind dort aber auch sehr wichtige Vertreter aus Amerika an jeweils geeigneter Stelle, nämlich A. Damasio oder J.Ledoux, um einmal Vertreter der neurobiologischen Betrachtungsweise des Ganzen herauszustellen. Schließlich gibt es dazu auch noch einen entscheidenden metapsychologischen und philosophischen Aspekt, ich meine aber nicht die Ansichten von Jerome Kagan, den Sie vielleicht herausstellen würden. Ein letztes. Auf die recht widersprüchlichen und meines Erachtens nicht validen Ergebnisse zur Intelligenz eines Kindes, möchte ich hier nicht weiter eingehen. Hierzu vielleicht nur der Hinweis auf die Untersuchungen von Chugani, Behen, Musik et al. in der Zeitschrift Neuroimage, 2001, S.1290-1301 an rumänischen Waisenkindern. Viele Grüße über den großen Teich aus dem "alten Europa"

von Dr. med. Rüdiger Posth am 10.09.2003



Antwort auf: Kinderkrippen-was sagt die Forschung...

Danke für diesen Beitrag! :-)

Mitglied inaktiv - 10.09.2003, 21:29



Antwort auf: Kinderkrippen-was sagt die Forschung...

Wenn man nicht mehr weiter weiß, wirft man im Notfall eben mal wieder die Begriffe "Intelligenz" und "Sozialverhalten" in die Runde, und schon sind schon wieder eine Menge Mütter verunsichert bzw. können triumphieren. Ich würde (auch als Psychologin ;) mal auf dem Boden bleiben und nicht die angeblichen Ergebnisse bizzarrer US-Studien verbreiten. Das ist naiv und eitel. Die vermeintlichen positiven Folgen des eigenen Tuns fürs eigene Kind auf der zweifelhaften Basis einer "Studie" zu preisen und zu rechtfertigen und damit auch noch andere disqualifizieren zu wollen, ist doch blöde. Vielleicht kannst Du nochmal nachlesen und uns mitteilen, wie genau die Tests aussahen, die Intelligenz und Sozialverhalten von Krippen bzw. Familienkindern ermitteln sollten. Es hat sich irgendwann mal so ergeben, dass sich Krippenmütter sich nicht mehr gefallen ließen, als Rabenmütter bezeichnet zu werden und anstatt di eSache locker zu sehen, haben sie halt versucht den Spieß umzudrehen: Ätsch Bätsch, unsere Kinder gehen zwar in die Krippe, sind aber dafür intelligenter und sozialer!! Puh, wasn Kindergarten, äh, wasne Krippe.

Mitglied inaktiv - 10.09.2003, 21:53



Antwort auf: Kinderkrippen-was sagt die Forschung...

psi sorry aber du áber was nen quatsch mehr kann ich dazu nicht sagen oder ich würde ausfallend werden

Mitglied inaktiv - 10.09.2003, 22:36



Antwort auf: Kinderkrippen-was sagt die Forschung...

Ebenfalls:-)

Mitglied inaktiv - 11.09.2003, 09:08