Frage: Kindergartenreife-Nachtrag

Hallo nochmal.hatte heute bereits gefragt wegen erneutem kiga-start und eingewöhnung. die allgemeine frage die sich hier mir stellt, nachdem ich im suchlauf weitergelesen habe ist, ob meine tochter überhaupt schon kindergartenreif ist. Es ist nämlich so, dass sie immer an mir dran klebt. sie weicht nicht auch nur einen schritt von mir weg. eben sogar wenn sie etwas findet, wo sie unbedingt gerne mitspielen will, dann weint sie (weil ich ja sitzen bleiben sollte) und bleibt bei mir. ist natürlich sehr ärgerlich für meine tochter und ich verstehe, dass sie ja nur angst hat. auch wenn sie angesprochen wird, dann will sie ihren namen nicht sagen oder versteckt sich und angefasst werden mag sie von anderen auch nicht, wobei viele menschen das einfach nicht respektieren. meinen sie wir haben dieses mal eine chance, dass es mit dem kiga klappt, zumal sie wirklich egal wo wir sind, die meiste zeit an mir dran klebt. (ausser bei oma, da schickt sie mich manchmal auch weg) danke nochmal und gruß

Mitglied inaktiv - 26.02.2007, 13:27



Antwort auf: Kindergartenreife-Nachtrag

Stichwort: Kindergartenaufnahme wann? Hallo, was Sie im Verhalten Ihrer Tochter jetzt feststellen, ist der fehlende Vater. In der Bindungskonzeption, so wie ich sie verstehe, ist es ja der Vater, der dafür Sorge zu tragen hat, daß sich das Kind aus der primären Bindung lösen kann. Der Vorteil für das kindliche Selbst ist der, daß es mit dem Kind identisch wird. Das Kind gelangt zu sich selbst. Dadurch wird es innerlich stark und überzeugt von sich. Mit 3 oder vielleicht 4 Jahren ist es dann soweit, sich der Gemeinschaft der Anderen, den fremden Mitmenschen zu stellen. Gelingt diese Loslösung nicht, wird das Kind automatisch an die primäre Bezugsperson zurückgebunden und gelangt nun weitaus schlechter zu sich selbst. Denn in der primären Bezugsperson geht ein Teil des Selbst wieder im Leih-Selbst des 1. Lebensjahres auf (s. meine Langtexte). Nun ist das Kind mit der Mutter wie die Psychanalyse sagt, verstrickt. Wenn es jetzt in der Ki-ga soll, besitzt es viel zu wenig Selbstmechanismen, mit den sozialen Vorgängen klarzukommen. Es hängt der Mutter weiterhin am Rockzipfel. Was jetzt passiert ist folgenschwer, Sie kennen das ja schon. Die Erzieherinnen glauben, die Mutter hielte ihr Kind fest und gäbe es aus egoistischen Motiven nicht frei (was es im Einzelfall tatsächlich auch gibt). Sie fühlen sich jetzt als die großen Befreier und schicken die Mutter fort. Damit rauben sie aber dem Kind seine "sichere Basis", die letzte Bastion, die es in der fremden Umgebung noch besitzt. Das Kind bricht in sich zusammen und weint bitterlich. Dafür wird es mit Mißachtung bestraft, bis es sich aus Anpasssungsgründen fügt und seine Gefühllast verdrängt. Der Weg in die Trennungsangst ist vorgezeichnet. In der sanften Ablösung übernimmt die Erzieherinnen (oder Tagesmutter) einen Teil der Loslösungskompetenz und ermöglicht dem Kind fehlende Selbstanteile in der Bindung zur Ersatzbezugsperson noch zu erwerben. Das verpflichtet aber die Erzieherin, einfühlsam, beständig und zuverlässig dem Kind zur Verfügung zu stehen. Das gelingt ihr höchstens mit 3-4 Kindern gleichzeitig. Im Ki-ga sieht der Personalschlüssel aber ganz anders aus, so daß dieses Konzept kaum je aufgeht, außer Sie haben ein ganz engagierte Erzieherin oder ein Naturtalent. Eine solche hat, das sollte aber nicht unter den Tisch fallen, schon so manches Kind vor einer späteren psychischen Störung bewahrt. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 02.03.2007