Sehr geehrter Herr Dr.Posth,
Wir leben in Israel, unser Sohn ist 26 Mon unsere Tochter 4 Mon. Seit 5 Wo geht unser Sohn in den Kiga, bisher gehe ich immer mit. Ich kann einige Zeit im Haus bleiben, wenn er draussen spielt. Die Erzieherin betreut 8 Ki, eines davon ist sehr aggressiv . Bei einem Versuch fuer 15 Min wegzugehen, weinte er, sass dann ruhig bei der Erzieherin und beteiligte sich nicht mehr am Spiel. An anderen Tagen fragte ich ihn, ob es ok ist, dass ich weggehe, worauf er "nein nein" antwortete und nicht mehr von meiner Seite wich. Ich bin dann nicht mehr weggegangen, bringe ihn aber nur kurz raus zum Spielen und bleibe dann im Haus, bis er wieder kommt. Halten Sie es fuer sinnvoll, trotzdem fuer kurze Zeit wegzugehen, damit er lernt, dass ich wiederkomme?
Hier ist sanfte Abloesung kaum bekannt, so dass sowohl die Erzieherinnen als auch mein Mann sehr kritisch sind und meinen, ich klammere und wuerde unserem Sohn keine Chance geben,sich zu behaupten.
Vielen Dank!
Tamima
Mitglied inaktiv - 26.05.2008, 11:43
Antwort auf:
Kindergarteneingewöhnung in Israel
Liebe Tamima, wie ich sehe, gehen die Uhren in Isreal auch nicht anders als in Europa. Aber konkret zu Ihrer Frage: Wenn Sie fortgehen, wird Ihr Sohn nicht lernen, dass Sie wiederkommen, sondern lernen, dass Sie fortgehen. Denn seine Angst ist viel größer als seine Zuversicht. Das ist im Kindesalter immer so. Die Zuversicht ergibt sich erst aus der unbedingten Verlässilichkeit der Bezugspersonen und die heißt bei Kleinkindern eben "Nicht-verlassen".
Sie können ein Kleinkind nur dann verlassen, wenn es bei dem anderen Elternteil oder einer vom ihm anerkannten Ersatzbezugsperson versorgt ist und emotional abgesichert. Andernfalls bekommt es Angst, die sich zu dramatischen Affekten steigern kann. Passiert das zu oft, kann sich eine Angststörung daraus entwickeln, die man als Trennungsangst bezeichnet. Sie äußert sich später auf vielfältige Weise. Das allgemeine Kennzeichen aber ist Anklammern und nicht allein sein können, v.a. auch in der Nacht. Lassen sie sich also nicht zu solchen psychologischen Fehlverhaltensweisen drängen. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 28.05.2008