Frage: Kind trödelt viel

Lieber Herr Dr. Posth, meine Tochter (3J, 7M) hat die Fähigkeit sich lange und konzentriert alleine zu beschäftigen und ist in ihrem Spiel sehr fantasievoll. Was mich jedoch an die Grenzen meiner Erziehung stoßen lässt, ist dabei ihr ausgeprägter Hang zum Trödeln: beim Anziehen, beim Essen, beim Laufen, Händewaschen... Dazu kommt, dass sie ständig meine Hilfe beansprucht und oft anfängt zu weinen, wenn ich sie bitte, z.B. sich alleine auszuziehen oder die Hände zu waschen. Das Einzige was hilft ist die Androhung, dass es zum Beispiel keine Gute-Nacht-Geschichte vor dem Einschlafen gibt. Manchmal bringt mich ihr Trödelei so in Wut, dass ich sie dann anbrülle (was natürlich keinen Erfolg bringt). Das schlechte Gewissen bei mir bleibt, selbst wenn ich ihr danach erkläre, weshalb ich so laut geworden bin. Haben Sie Tipps, wie ich das besser machen kann? Zumal ich für ihre jüngere Schwester (13 Monate) einfach oft beide Hände brauche. Vielen Dank für ihre Antwort.

von Große am 17.06.2013, 07:26



Antwort auf: Kind trödelt viel

Hallo, wie schnell ein Kind handelt und agiert, hängt viel mit seinem Charakter zusammen. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass Kinder grundsätzlich zur Langsamkeit neigen und Beeilung als lästig und unnötig empfinden. Mit 3 1/2 Jahren existiert auch nur ein sehr diffuses Zeitempfinden, und Vorgänge, die wir Erwachsenen als lang empfinden, werden vom Kind noch als kurz bewertet. So entstehen Missverständnisse. Wenn Sie Ihre Tochter also zur Beeilung anhalten wollen, müssen Sie ihr klar sagen, wofür das Tun nötig ist, und was faktisch passiert, wenn sie sich nicht beeilt. Dabei müssen Sie natürlich Worte wählen, die sie versteht. Das Drohen mit Entzug von liebgewonnenen Gewohnheiten oder Vergünstigungen fällt in den Bereich von Bestrafungen. Hier hat dann Vergehen und Konsequenz nichts mehr miteinander zu tun. Das Bedürfnis nach Selbstständigkeit kommt eigentlich vom Kind selbst, und nur, wenn das Kind auf eine unliebsame Tätigkeit festgelegt wird, kommen Verweigerung und Protest. Hier helfen zwei Methoden ganz gut: einmal die Untersützung durch die Bindungs- oder Bezugsperson. Z.B. das eine Kleidungsstück ziehe an, das andere du. Oder - besonders beim Trödeln - der gespielte Wettbewerb. Wer zuerst die Hände gewaschen hat, bekommt eine Salzstange usw. Anschreien untergräbt das Selbstbewusstsein des Kindes und führt zum Gegenteil dessen, was man eigentlich erreichen möchte. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 17.06.2013