Hallo Herr Doktor,
unsere Tochter ist jetzt 2,5 Jahre. Bisher haben wir gar nichts von der Loslösung bzw. der vermehrten Zuwendung der Tochter zum Vater gemerkt. Der Vater ist voll eingebracht, allerdings haben wir keine gute Ehe, ich bin glücklich wenn er nicht zu Hause ist, wenn er da ist bin ich ruhig, zurückhaltend, traurig, was die Kleine wohl auch merkt. Sie ist immer noch sehr mamaanhänglich. Ich frage mich, wird es noch dazu kommen, dass sie sich vermehrt dem Vater zuwendet, also kann die Loslösung auch mit 3 Jahren oder so kommen? Danke
von
Anisia
am 15.04.2013, 08:38
Antwort auf:
Keine Loslösung
Hallo, zum Phänomen der Loslösung gibt es bisher nur wenige Beobachtungen, weil das Prinzip in der klassischen Bundungstheorie noch keinen Beachtung gefunden hatte. Da galt der Vater immer nur als Erweiterung des Erfahrungsspielraums und Förderer der Exploration. Im Zentrum stand weiter die Bindung an die primäre Bezugsperson, sprich die Mutter. Insofern wird sich in Zukunft erst erweisen müssen, welche Spielarten der Loslösung möglich sind, sofern das Prinzip in Zukunft überhaupt richtig verstanden wird.
Ich meine aber, dass es verspätete Formen der Loslösung geben muss, denn das Prinzip ist aus meiner Sicht unverzichtbar, was den Selbstfindungprozess anbelangt. Aber wenn der Vater seinem Kind nicht wirklich zur Verfügung steht und sich auch kein Ersatzloslösungsvorbild finden lässt, dann muss sich das Kind diesen Schritt zur Selbstständigkeit gegen die Mutter erkämpfen oder es bleibt in der Bindung dauerhaft hängen, was keinem gut tut, weder dem Kind noch der Mutter. in Ihrem Fall ist zu hoffen, dass sich Ihr Mann doch noch seiner Tochter intensiver zuwendet und eine zweite Bindung aufbaut. Sie sollten versuchen, diesen Prozess Ihrer Tochter positiv zu spiegeln, auch wenn es Ihnen sehr schwerfällt. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 17.04.2013