Frage: Kann die verpasste Nähe meinem Kind geschadet haben?

Lieber Herr Posth Nach der Geburt unseres Sohnes hatte ich Freude, aber war nicht im „Glücksrausch“. Bedürfnis ihn oft zu kuscheln, zu küssen war auch nicht sofort da. Ich hielt ihn zwischendurch im Arm, streichelte ihn auch, aber so richtig viel Nähe gaben wir ihm erst als er ca.3 / 4 Wochen alt war. Er schlief auch viel in der ersten Zeit und ich hatte Komplikationen nach der Geburt, das half wohl mit. Tiefe Muttergefühle kamen erst einige Wochen später. Vorher einfach Freude. Aber auch Gereiztheit, wenn er nicht schlafen konnte, da seufzte ich manchmal sehr oder nahm ihn etwas genervt aus dem Stubenwagen. Sonst war ich sehr liebevoll mit ihm und nach dieser Zeit trug ich ihn viel und kuschelte oft. Nach 3 Monaten nahmen wir ihn auch ins Elternbett. Vorher St.wagen. Wie schlimm anfängliche „wenige Nähe“? Hat er meine Gereiztheit in der Nacht wahrgenommen? Hat ihm das geschadet oder können wir die verpasste Nähe vollkommen wiedergutmachen? Jetzt ist er 9 M. alt. V.D.

von Sunneschyn am 11.04.2011, 09:03



Antwort auf: Kann die verpasste Nähe meinem Kind geschadet haben?

Hallo, was Sie in den ersten Wochen nach der Geburt durchlebt haben, wird so etwas wie der Baby-blues gewesen sein. Das ist eine schwierige Zeit für beide, für die Mutter wie für das Kind. Als Mutter entwickelt man Schuldgefühle, kann aber nicht aus seiner Haut heraus, um das zu tun, was geboten wäre. Das Neugeborene, der Säugling entbehrt Körpernähe und Geborgenheit, allerdings ohne sich bewusst zu sein, welchen Mangel er erleidet, denn er hat keine Vorstellung davon, was ihm fehlt. Da aber die Mutter-Kind-Bindung das Ergebnis einer Aufsummierung all dessen ist, was im ersten Lebensjahr passiert ist, haben Mutter und Kind die Chance, doch noch ganz viel positive Beziehung aufzubauen. Und die wirkt im Endeffekt dann stärker als die Entbehrung am Anfang. Also versuchen Sie jetzt ganz entspannt zu sein und genießen Sie die Nähe, die Sie jetzt zu Ihrem Sohn empfinden können, und alles wird sich zum Guten regeln. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 13.04.2011