Frage: Ihr Artikel "Erlebniswelt d. Säuglings!

Sehr geehrter Herr Dr. Posth, ich habe mit Interesse ihren o.g. Artikel gelesen. Bin dabei auf etwas gestossen, was mich nachdenklich gemacht hat. Sie schrieben dort: "Darunter fallen natürlich auch die berühmten Dreimonatskoliken, die es tatsächlich gibt, die man aber recht effektiv behandeln kann." Sagen Sie mir bitten, wie man diese Koliken effektiv behandeln kann????Vielleicht ist ewtas dabei, was wir bei unserer kleinen Tochter noch nicht versucht haben?!!Bislang hat nämlich noch nichts geholfen! Liebe Grüsse Simone

Mitglied inaktiv - 22.09.2003, 18:04



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Liebe Simone, es ist zwar nicht meine Aufgabe, hier im Internet pharmakologische Behandlungsmethoden zu verbreiten, aber weil es so wichtig ist, kurz einige Hinweise. Die Koliken entstehen durch die Darmbesiedlung in den ersten Monaten mit Darmbakterien. Das muß so sein und es muß eine bestimmte Flora muß entstehen. Ob und v.a wie das gelingt, hängt viel von der Ernährung und dem häuslichen Keimspektrum ab. Viele Untersuchungen belegen diese Tatsache. Bei der bakteriellen Vergärung von Milchzucker im Darm, aber auch beim Fettumbau entstehen Gase, welche den Darm aufblähen. Empfindliche Kinder bekommen davon heftig schmerzende Koliken, weil sich der Darm reflektorisch zusammenkrampft. Dabei wird das Gas im optimalen Fall am Anus ausgetrieben und es "knattert" in die Windel. Zusätzliche Gas/Luftaufnahme bei hastigem Trinken verschlimmert das Problem, weil jetzt auch der Magen aufgetrieben wird. Daher sollten alle Säuglinge immer wieder ihr "Bäuerchen" machen. Was kann man tun? Ertens viel herumtragen, v.a. im "Fliegergriff". Dabei Schuckeln und den Bauch massieren. Auf diese Weise konfluieren die vielen kleinen Gasblächen zu größeren Blasen, welche leichter "abgepupst" werden können. Den gleiche Effekt besorgen die sog. Entschäumer (Lefax, sab, etc.). Desweiteren kann man verdauungsfördernde Tropfen geben, die immer hochverdünnt sind (leider Alkohol)und die Bauchspeicheldrüse anregen (z.B. Pankreatin Hevert, Achtung niedrigste Dosis wegen Alkohol und keine explizite Zulassung für Sgl., Pankreaplex gibt es leider nicht mehr). Als nächstes gibt man die Darmmotorik leicht hemmende Mittel, von denen bei Säuglingen eigentlich nur Ila-Med geht. Dosis beachten und am Anfang vielleicht nur im Akutfall. Im Notfall geht auch ein Paracetamol Supp 125mg. Viburcol-Supp kann man versuchen. Um die Darmflora günstig zu beeinflussen kann man Mutaflor Susp. geben. Leider sehr teuer! Wenn das alles nicht hilft, wird man sich überlegen müssen, ob man eine lactosearme Milch gibt, die inzwischen mehrere Babykosthersteller anbieten. Allerdings ginge dann nicht mehr Stillen, was natürlich sehr ungünstig ist. Apropos Stillen, jede Mutter sollte blähungsfödernde Nahrungsmittel für sich selbst meiden, was lästig aber oft hilfreich ist. Also, wie man sieht, ist die Behauptung, Trimenonkoliken könne man nicht behandeln, falsch. Ich behaupte, praktisch jeder Säugling kann kolikfrei aufwachsen. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 22.09.2003



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Lieber Dr. Posth, vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Sehr interessant. Bloss....das meiste haben wir versucht bzw. gegeben und trotzdem...Koliken jeden Tag. Sab simplex, Viburcolzäpfchen, Carum carvi, Carumnativum (Alkohol drinnen!),Chamomilla D6, Fliegerstellung, Schuckeln, Massagen, Flussreflexzonenmassage...sind umgestiegen von Zymafluor D 500 auf Zymafluor D 500 cC jetzt auf Vigantoletten....aber was soll ich Ihnen sagen...Koliken sind da. Mein Mann und ich kommen beide aus der Medizin und wissen was dort vor sich geht....aber wenn es denn tatsächlich möglich wäre, das Babys kolikfrei aufwachsen, dann frage ich Sie, warum die Kinderärzte dann nichts verschreiben, bzw. sagen "da muss man leider durch"???? Ich hasse mittlerweile diese Koliken, wie wahrscheinlich tausende von Müttern und Vätern mit mir...doch so einfach scheint es nicht zu sein, denn ansonsten wären nicht so viele Eltern verzweifelt. Und eine Umstellung von Stillen auf Flasche ist auch wieder nur ein "Versuch", denn auch Flaschenkinder haben Koliken. Es bleibt doch dabei...immer wieder nur ein Versuch. Nichts für ungut....aber ich denke halt auch man muss da wahrscheinlich einfach mit seinem Baby durch, so leid es einem auch tut. Haben Sie Kinder? Haben Sie die Dreimonatskoliken bereits mal live mitgemacht? Haben Sie Rückenmeldungen von aktuen Koliken, die dann beschwerdefrei waren nach Ihren Behandlungsmethoden? Ich meine, die Pharmaindustrie verdienen sich dort ein kräftiges Zubrot, weil jede Mutter und jeder Vater sich an jeden Strohhalm klammert. Liebe Grüsse Simone

Mitglied inaktiv - 22.09.2003, 20:08



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Liebe Simone! Ich habe selbst einen Sohn (9 1/2 Monate) der ebenfalls sehr unter den Koliken gelitten hat! Das erste Monat war am Schlimmsten, weil ich einfach nichts gefunden habe das geholfen hat. Aber im zweiten Monat habe ich dann die Babynos-Tropfen besorgt. Das war eingentlich das Einzige das geholfen hat! Vielleicht hilft das auch Ihrem Baby! Liebe Grüße Daniela

Mitglied inaktiv - 22.09.2003, 20:46



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....über die Worte: Knattern und abgepupst hihi. Das ist einfach zu niedlich geschrieben *schmunzel* Gruß Karin

Mitglied inaktiv - 22.09.2003, 21:45



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hallo! mein kind schrie in den ersten wochen ständig. die standardantwort von jeder instanz hieß: "ach, das sind die 3-monats-kolliken, da müssen sie durch!" - und dazu gab's dann noch diverse tipps, die alle besorgten eltern wahrscheinlich vorwärts und rückwärts runterbeten können. dabei "knatterte" und "pupste" mein kind ständig und eine hebamme meinte schließlich, dass eigentlich der darm richtig funktioniert. warum dann das geschrei?!?!?! erst als ich dazu überging a) abweichend vom chefarzttipp aus dem kh mein kind nicht nur im maximal 3-4 stunden rhythmus zu stillen, sondern immer, wenn er wollte (z.t. 4 stündlich, z.t 1,5 stündlich) b) und als ich gar nicht erst versuchte, ihn abzulegen, sondern auf dem arm behielt, wenn er es wollte - erst da vergingen die sog. kolliken. ich bin mir sicher, dass es sie gibt. was mich aber wahnsinnig nervt, ist, wenn völlig natürliche urbedürfnisse eines säuglings (= saugen + nahrung nach bedarf + tragen + körperkontakt) zuerst nicht erfüllt werden ("bringen sie ihr kind so schnell wie möglich auf einen 4 stunden rhythmus!") und dann die reaktion des säuglings darauf noch schnell pathologisiert wird. wie gesagt, ich habe keinen zweifel, dass es diese kolliken gibt, aber mein sohn hatte sie nicht, obwohl es ihm x-mal attestiert wurde. und deshalb bin ich bei dieser diagnose meist etwas hellhörig... ... und oft sauer! weil vielen verzweifelten eltern die falschen tipps gegeben werden (u.a. wurde mir ja ständig geraten, die stillabstände zu verlängern, damit alte milch nicht mit neuer vermischt würde. und das bei einem kind, das oft schon nach 90 minuten wieder hunger hatte!) lg moni

Mitglied inaktiv - 22.09.2003, 23:36



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Mein Sohn hatte auch Koliken. Ich auch habe Zäpfchen für ihn bekommen. Die Schachtel war leer und er konnte immer noch nicht alleine in die Windel machen. Er hatte sehr starke Schmerzen. Aber dann fiel mir ein, dass ich ihm vor seinen Koliken Kamillentee bekommen hatte und das fehlte ihm. Ich gab ihm also wieder seinen Kamillentee und ein Tag später klappte alles wunderbar. Versuch es mal vielleicht wirkt es! Viel Glück!!!

Mitglied inaktiv - 23.09.2003, 01:53



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Trimenokoliken kann man behandeln? Behandeln schon....aber ob sie dann auch weg sind????

Mitglied inaktiv - 23.09.2003, 08:25



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Hi Simone, das Problem hatte ich mit Eric auch, er hatte die sog.3Monatskoliken fast 5 Monate, nix half richtig, bis ich dahinter kam, daß er auf die Apfelsaftschorle reagiert hat, die ich getrunken hab. Als Stillmami denkste, trink was gesundes und dann verträgt ers nicht :-( Auch später hat er gr. Probs gehabt, wenn der Apfelanteil in den Breien zu groß war. Wenn er nen Apfel abbeißt und somit im Mund vorverdaut, gibts keine Probleme, nur wenns durchrutscht und so im Magen ankommt. Dieses Problem gibts öfter, wie ich im Nachhinein erfahren habe. Falls Du noch Fragen hast, Addi ist oben hinterlegt :-)) Liebe Grüße und gute Besserung Meike + Eric (*7.3.01)

Mitglied inaktiv - 23.09.2003, 21:48



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Liebe Simone, zwei Dinge müssen Sie beachten. Wenn Sie "vom Fach" sind, wissen Sie es sicherlich auch. Erstens gibt es natürlich angeborene Darmfunktionsstörungen. Die sind selten, aber kommen eben vor. Angefangen von Morbus Hirschsprung, über cong. Megacolon, bis hin zu Neurointestinaler Dyplasie. Auch Rectum- und Analstenosen können obstipierende Probleme machen. Ein in Deutschland recht bekannter Kinderarzt hat in meinem Beisein einmal geäußert, in seiner Praxis gäbe es keine Kolikfälle. Er dehnte mit seinem Finger allen Babys den Darmausgang. So hart geht es zuweilen in der Kinderheilkunde zu, ich fand diese Aussage mehr als unmöglich. Trotzdem, alles ist vorkommen. Z.T. sind es Gutachterfälle geworden. Vor allem übersehener Morbus Hirschsprung. (Selbst ein solches Gutachten bearbeitet). Aber das ist hier ja gar nicht mein Thema. Hier geht es um etwas ganz anderes. Lesen Sie am besten meinen ersten Teil zum emotionalen Bewußtsein. Daraus folgt ganz klar: Finden sich keinerlei organische und funktionelle Störungen im "Darmbetrieb", also hilft auch nichts von all den schönen Mitteln, die Sie hier sogar noch um ein paar ergänzt haben (Kümmeltee hat noch keine Mutter erwähnt), dann sind es auch keine Trimenonkoliken! Die Babys schreien aus anderen Gründen, nämlich psychischen (Thema Schreibaby). Oder manchmal auch aus Gründen falscher Fütterung. Und eines können Sie mir glauben, das ständige Anlegen, welches nur den Beruhigungseffekt des Saugens ausnutzt, führt in mindestens 90% zur Verschlimmerung. Es sei denn (wiegen, wiegen, wiegen!) das Kind war gar nicht satt geworden. Mehrere Fälle in meiner Praxis erlebt! Um den Beruhigungseffekt des Saugens auszunutzen, geben Sie aber besser Tee oder Wasser oder nur einen Sauger. Säuglinge, die bei der U3 über 5 kg wiegen und schreien, sind hoffnungslos überfüttert. Das junge Verdauungssystem bricht schlichtweg zusammen. Ich habe all das x mal mit Müttern in meiner Praxis durchexerziert. Und wer das jetzt auch immer geschrieben hat, ich habe 4 Kinder und weiß sehr wohl, welchen Streß ein schreiender Säugling bei seinen Eltern auslöst. Also noch einmal viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 23.09.2003