Lieber Herr Posth
Vielen Dank für Ihre Antwort. Ich habe einfach immer noch Schuldgefühle wegen dieser ersten Zeit, besonders auch, dass er nicht bei uns im Bett war, sondern im Stubenwagen in unserem Z. Ist dies ein „Problem“ fürs Baby? Auch meine zeitweilige Gereiztheit, wenn er nicht schlafen konnte, macht mir noch ein schlechtes Gewissen. Wie stark nehmen das Babys wahr, wenn Mama seufzt oder auch traurig und unsicher ist? Schadet das ihnen?
Und noch die wichtigste Frage: Wenn ich eben diese Schuldgefühle wegen dieser ersten Zeit (inkl. Stillprobleme) jetzt monatelang hatte, darüber nachdachte und auch traurig war, bildet das irgendwelche Stresshormone (psychischer Stress), welche in die Muttermilch übergehen? Hoffentlich nicht ... Ich möchte endlich alles abhaken. Können Sie mich irgendwie beruhigen? Denn so kann ich die schöne Beziehung zu ihm nicht richtig geniessen, weil ich ständig nachdenke, was ich besser hätte machen können. Vielen Dank!
von
Sunneschyn
am 02.05.2011, 09:04
Antwort auf:
Gehen Stresshormone in die Muttermilch über?
Hallo, es wäre die Sache schöngeredet, wenn man behauptete, das alles würde ein Säugling bei seiner Mutter nicht merken. Irgendwie spürt er es an der Mimik, den Gesten, an den Reaktionen. Damit Stresshormone in die Muttermilch übergehen, müssen sie schon massiv erhöht sein. Der eigene Kummer oder der Selbstzweifel bildet sich nicht in der Muttermilch ab. Das hätte die Menschheit nicht überlebt. Aber Sie müssen ganz anders denken. Das Ergebnis in der Bindung ist ein Aufsummierung aller gemachter Erlebnisse im 1. Lebensjahr. Dabei können qualitativ hochwertig positive Empfindungen quantitativ länger andauernde negative ausgleichen oder sogar toppen. Die Tatsache, dass ein Säugling im Stubenwagen bei seinen Eltern schläft, ist nicht schlechter als direkt im Bett der Eltern zu liegen. Der umgekehrte Fall könnte im Einzelfall sogar ungünstiger sein, wenn Eltern unruhige Schläfer sind und das Kind ständig wecken. Gereiztheit der Mutter ist für ein Baby sicher ein Problem, aber wie gesagt, intensive Zuwendung und Bemutterung zu einem späteren Zeitpunkt kann das vorangegangenen Problem ausgleichen. In Kriegszeiten oder auf der Flucht waren Mütter maximal gestresst, aber sie haben trotzdem oft eine gute Bindung zu ihren Kindern entwickeln können. Ihre positive Selbstüberzeugung gehört auch zu dem, was ein Kind im Kontakt mit seiner Mutter glücklich und zufrieden macht. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 04.05.2011