Frage: Gedächtnis

Meine Tochter, 4 Jahre, kann sich jetzt an Dinge erinnern, die vor 2 Jahren war, hier: Oma hat in einem gelben Haus gewohnt. Warum verliert, sie im Laufe der Jahr die Erinnerung an solche Dinge. Mit 8 Jahren wird sie sich ja nicht mehr daran erinnern, was mit 2 Jahren war. Warum beginnt die frühste Erinnerung von Erwachsenen erst so mit 3-4 Jahren?

von Nijsseni am 27.10.2014, 07:22



Antwort auf: Gedächtnis

Hallo, das ist ein höchst wissenschaftliche Frage. Über die Gedächtnisfunktionen beim Menschen, insbesondere beim Kind, weiß man noch längst nicht alles. Was man aber inzwischen weiß, ist das die "Gedächtniszentralstelle" in der Hippocampusregion im inneren Schläfenlappen zu suchen ist, und dass sich bestimmte Zelltypen herausbilden müssen, die für die verschiedenen Gedächtnisfunktionen zu sorgen haben. Diese Zelltypen sind nicht von Anfang an da bzw. reif und aktiv. So funktionieren am Anfang des Lebens offenbar nur Zelltypen, die ein Augenblicksgedächtnis, ein Kurzzeit- und ein Mittellangzeitgedächtnis ermöglichen. Das eigentliche Langzeitgedächtnis, insbesondere für episodische Ereignisse (also Lebensbegebenheiten), funktioniert noch nicht. Das heißt, dass die im Mittellanggedächtnis gespeicherte Information zumindest größtenteils wieder verloren geht. Erst mit 3 bis 4 Jahren sind dann auch die Zellen reif genug, das Mittellanggedächtnis in ein tatsächliches Langzeitgedächtnis überführen. Nun geht aber dabei auch wieder viel Erinnerung verloren, denn man weiß immer nur bruchstückhaft etwas aus seiner frühesten Kindheit. Da das Gehirn aber darauf aus ist Erinnerungslücken zu schließen und vollständige Episoden zu erhalten, werden die fehlenden Teile häufig "hinzugedichtet". Auch werden Erinnerungen gerne mit anderen emotionalen Vorzeichen versehen, als es der Fall war, all die Begebenheiten tatsächlich stattgefunden haben (sich etwas schön reden). Negative Emotionen werden zusätzlich gerne verdrängt oder ganz abgespalten, weil es zu schwer ist, sie auszuhalten und ständig unter Kontrolle zu bekommen. Aber da wird die Forschung sicher noch vieles Neue entdecken. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 29.10.2014