Sehr geehrter Herr Dr. Post,
in welchem Altersbereich (+/-) sollten Kinder
- Ich-Sätze
- Singular und Plural
- Präsens und Perfekt
bilden können?
Wann sollten Präpositionen verstanden und angewendet werden?
Ab wann kann man erwarten, daß ein Kind abstrakte Begriffe wie lieb, böse und Angst erfassen kann?
Ab wann sollte ein Kind sämtliche Körperteile (auch z.B. Ober-/Unterlippe etc.) bezeichnen können?
Laut Suchlauf sind dies teilweise Bereiche des 3. Lebensjahres. Können Sie dies bitte konkretisieren? Ein Lebensjahr ist eine sehr große Zeitspanne. Ein fast dreijähriges Kind sollte sicherlich einiges davon beherrschen, wobei ein Kind, daß gerade erst das 3. Lebensjahr begonnen hat, diese Dinge erst noch lernen muß.
Wo ist der Norm-Bereich? Ab wann muß man sich Sorgen machen?
Für Ihre Mühe bedanke ich mich bereits jetzt ganz herzlich.
Regelmäßig lese ich Ihre Beiträge, die vieles verständlicher machen. Toll, daß Sie mit diesem Projekt helfen!
Viele Grüsse
Mitglied inaktiv - 28.08.2006, 13:23
Antwort auf:
Entwicklung
Stichwort: Sprachentwicklung
Hallo, wie Sie richtig schreiben, ist die Sprachentwicklung von einer relativ großen Bandbreite gekennzeichnet. Das ist etwas anders als bei der motorischen Entwicklung, die engere Grenzen hat. Entscheidend ist eigentlich nur, daß die jeweiligen Stufen im Aufbau der Sprache ohne allzu große Zeitabstände genommen werden und sich das Sprachvermögen permanent erweitert. Das fängt übrigens an bei den beiden Lallphasen im Säuglingsalter. So sind Ich-Sätze, Pluralbildung und Präpositionen, sowie erste Adjektive die Entwicklungen im 3. Lebensjahr vorhanden, wobei die Entdeckung des Ichs ja schon in den 2-3Wort-Sätzen auftaucht. Die "abstrakten" Adjektive wie lieb, böse, traurig usw. entstammen zunächst einmal dem emotionalen Bereich und gehören in die Erweiterung der Gefühlsentwicklung. Damit beginnt ein entscheidender Schritt im 4.Lebensjahr, der dazu führt, daß innere Gefühlszustände nicht mehr affektiv (vor)gespielt werden müssen, sondern verbal mitgeteilt werden können. Die Bedeutung liegt darin, daß Gefühle jetzt "verhandelt" werden können und ausgetauscht, ein ganz wichtiger Schritt in Richtung auf die sog. Selbstregulation der Gefühle und Affekte. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 30.08.2006