Sehr geehrter Herr Dr. Posth,
in Ihrem Forum habe ich ber. viel gel.
Ein paar Fragen habe ich nun allerdings noch:
1. Soll man ein weinendes Kind niemals zurücklassen, wenn man gebeten wird, zu gehen (erste Trennungsversuche und zB nach Ferien usw.)? Ich verstehe es so, dass der Stress schon zu groß ist, wenn die ersten Tränen fließen und man dann lieber nicht geht?
2. In dem Zusammenhang nun: Wie verabschiede ich mich von meinem 1jährigen Kind? Er weint IMMER, wenn ich gehe und vorher tschüs sage und dass ich gleich wieder komme. Wenn er toll spielt mit seinem Papa und ich schleiche mich raus, dann geht es auch ohne Tränen. Ich will mich aber eigentlich nicht aus dem Gruppenraum rausschleichen...
Bisher 4 Tage in der Kita u. ganze Zeit zusammen, der Kleine ist sensibel/ängstlich, schon mit 4 Mon. deutlich gefremdelt...
Danke auch für die tollen Ratschläge, die Sie hier schon erteilt haben!
Grazia
von
grazia0811
am 21.01.2013, 08:30
Antwort auf:
Eingewöhnung Kita - 1 jähriges Kind
Hallo, sanfte Ablösung bei einem 1-jährigen Kind (das physiologisch noch nicht für eine Fremdbetreuung bestimmt ist) beinhaltet zunächst eine längere Parallelbetreuung von Bindungsperson und Erzieherin oder Betreuerin. in dieser emotional abgesichterten Konstellation mus das Kind durch die Bemühungen der neuen Betreuungsperson Vertrauen in diese entwicklen, was nicht geht, wenn das Kind gleich allein gelassen wird, schreit und Stress aufbaut. Denn dann regiert die Angst, und die Angst lässt nur zwei Dinge zu: Kampf oder Flucht. Da beides einem 1-jährigen Kind nicht gelingt, bricht es schnell in sich zusammen und erstarrt innerlich. Ängstlich veranlagte Kinder sind diesbezüglich noch empfindlicher als andere.
Das heißt, die Mutter kann erst gehen, wenn sich das Kind von der neuen Bezugsperson beruhigen und notfalls trösten lässt. Solange das Kind aber mental Verlassenwerden von und Wiederkommen der Bindungsperson logisch nicht begreifen kann, geht die Mutter am besten ohne Aufhebens. Die neue Bezugsperson ist ja jetzt in der Lage, das Kind zu trösten, falls es die Abwesenheit der Mutter bald bemerkt. Da ein Kind dieses Alter aber kein Zeitgefühl hat, weiß es zuletzt gar nicht, wielange die Mutter tatsächlich fortgeblieben ist und registriert nur ihr Zurückkommen. Das aber ist wieder mit positiven Gefühlen verbunden. Viele Grüße und danke für Ihr Lob.
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 23.01.2013