Frage: Eine Frage zur Fremdbetreuung

Hallo Dr. Posth Ich wußte Anfangs nicht,ob es einen Zusammenhang gibt zw.dem jetzigen Verhalten und unserer Vorgeschichte.Komischerweise spielt sie seit ein paar Tagen immer öfter auch allein. Vielleicht regelt es sich jetzt. Nun zu einer ganz anderen Frage: Entwickeln sich Kinder,die früh in eine Fremdbetreuung kommen(3 Monate) genau so stabil und gesund wie Kinder, die von der Mutter in den ersten Jahren betreut werden? Was macht den Unterschied? Ist es nur Eigennutz( die Freude mit meinen Kindern) oder profitieren die Kinder auch von mütterl. Betreuung(ausgehend, von liebevollen Eltern).In Diskussion mit Erzieherinnen kam sogar heraus, daß es den Kindern in Fremdbetreuung sogar besser ginge- wegen der Förderung, sozialen Kontakte, Selbstständigkeit usw..Der Trend geht ja genau in die Richtung.Gibt es Untersuchungen aus Ländern,die dieses Konzept schon länger haben,z.B.Frankreich,alte BL? Sind es wirklich glücklichere Kinder und Erwachsene?Wo liegen Vorteile für das Kind? VG

Mitglied inaktiv - 14.04.2008, 01:23



Antwort auf: Eine Frage zur Fremdbetreuung

Stichwort: Fremdbetreuung Hallo, Sie sprechen einen ganzen Fragenkatalog an, der sich um das Thema frühe Fremdbetreuung dreht (s. auch gezieltes Stichwort: Fremdbetreuung). In der Tat geht der Trend derzeit dahin, frühe Fremdbetreuung als bereichernd für die Kinder darzustellen. Vor 10 oder 20 Jahren war das genau umgekehrt. Das hängt mit der politischen Entwicklung in Deutschland zusammen und in den anderen Ländern, in denen dieselbe Diskussion läuft. Das Problem mit den anderen Ländern ist, dass es viel zu wenig oder gar keine wissenschaftlich validierten (ausgewerteten) Studien dazu gibt, wie es dort tatsächlich läuft. In Schweden und Finnland, wo ich vor 2 Jahren gewesen bin und eine finnische Mutter und eine schwedische Psychologin kennengelernt habe, wurde mir gesagt, dass man in Deutschland leider schlecht informiert sei über das, was in Skandinavien wirklich läuft. Aber dort läuft es sicher noch am besten, denn dort wird auf die Erzieherinnenausbildung großen Wert gelegt und die Kindergruppen sind durchschnittlich viel kleiner (zumindest in den "privaten" Betreuungsangeboten). Auch werden die Erzieherinnen dort sehr viel besser bezahlt (man schätzt also deren Arbeit sehr hoch ein!). Das Argument, den Kindern ginge es in den Gruppen besser als zu Hause, trifft nur für etwas größere Kinder zu (ab 2-3 Jahre) und für Einzelkinder. Davor ist das Kind nach wie vor am besten in der Familie aufgehoben (sozial völlig desolate Familien einmal außen vorgelassen) und durchläuft die Phasen von Bindung und Loslösung bis zur Selbstbildung weitgehend ungestört. Ist das Selbst einigermaßen stabil, kann eine institutionalisierte Fremdbetreuung mit sanfter Ablösung durchaus beginnen. Die OECD-Kriterien für die frühkindliche Fremdbetreuung sind dabei einzuhalten. Die ersten 3 Jahre muss die Familie finanziell ausreichend untertützt werden (Elterngeld). Der Arbeitsplatz für Mütter wie für Väter muss garantiert bleiben. Häusliche Arbeit, soweit möglich sollte das Kinderbetreuungskonzept zu Hause flankieren, damit es beruflich keinen Rückschritt gibt. Für alleinerziehende muss es Sonderreglungen geben, die mit einem fachlich gut vorbereiteten Tagesmütterkonzept verbunden sind. Das alles kostet natürlich viel mehr als bisher vorgesehen. Aber die anderen Länder machen es uns vor, dort ist Geld vorhanden. Ethnologisch begründete Ansichten zur Fremdbetreuung von Kleinkindern sind mit Vorsicht zu genießen. Dasselbe gilt für historische Rückblicke in die Menschheitsgeschichte. Niemand hat genau untersucht, wie sich solche Voraussetzungen auf die weitere Entwicklung der Kinder auswirken oder ausgewirkt haben, niemand hat gefragt, warum in diesen Ländern, in diesen Epochen solche Konzepte gewählt worden sind. Nicht jede Tradition, nicht jeder kulturell gesellschaftliche Grundsatz ist per se richtig. Und Psychologie spielt in solchen Ländern eher eine untergeordnete Rolle. Psychologie war auch in Europa bis Ende des 19ten Jahrhundert so gut wie unbekannt. Hiermit zu argumentieren, ist meines Erachtens nicht sinnvoll; für die Betroffenen, die Kinder vielleicht sogar gefährlich. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 14.04.2008



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