Frage: Der "ideale Vater" im ersten Lebensjahr

Sehr geehrter Herr Posth, z.Zt. bin ich verunsichert bezgl. der Rolle des Vaters im 1.LJ. Zu Unser Sohn (6 M) wird in der Hauptsache von mir betreut (Vater arbeitet voll). Mein Mann bringt sich seit Geburt neben dem Beruf viel, sanft, einfühlsam in die Betreuung ein. Er macht alles (außer füttern), aber seltener als ich. Seit Geburt hilft er auch nachts. Meist liegt er neben dem Beistellbett und hält bei Bedarf Händchen. Will der Kleine stillen so komme ich zum Einsatz (ca 2 Mal), wiege ihn danach wieder in den Schlaf. Ich bringe meist auch ins Bett. Diese Konstellation nachts klappt sehr gut, der Kleine schläft ruhig ohne Schreien. Frage mich aber nun ob dieses starke Einbringen zu einer Bindungsverwirrung oder einer unsicheren Mutterbindung führen kann? Wie sieht Ihrer Meinung nach überhaupt der "ideale Vater" im 1. LJ aus, wie sehr soll er sich einbringen und wo zurückhalten? Können wir so weiter machen ohne Bindung zu mir zu gefährden? Danke, viele Grüße! Anna

von juschi am 15.04.2013, 08:10



Antwort auf: Der "ideale Vater" im ersten Lebensjahr

Liebe Anna, von solchen Begriffen wie "ideale Mutter" oder "idealer Vater" halte ich nicht so viel, weil damit Erwartungshaltungen an Eltern geschürt werden, die sie wahrscheinlich nicht umsetzen können. Kein Mensch ist vollkommen, um das einmal so simpel auszudrücken, und Eltern stoßen immer wieder irgendwo an ihre Grenzen. Und dann reagieren sie wahrscheinlich nicht jedes Mal ideal, und schon ist der Anspruch nicht mehr erfüllt. Aber das Kind hat trotzdem keinen Schaden, weil das Ergebnis des erzieherischen Umgangs immer ein Effekt von guten wie weniger guten Umgangsweisen ist. Wäre es anders, hätte das Darwinistische Prinzip "the fittest survives" beim Menschen nicht gegriffen. Aber gerade der Mensch ist ein besonders anpassungsfähiges Wesen, was man aber nicht als willfähriges Erziehungsprinzip missverstehen darf. Also Ihr Mann gibt sich in seinem Rahmen schon sehr viel Mühe und macht alles richtig, was ihm unsere Gesellschaftsstruktur an Möglichkeiten offen hält. Das ist nicht eben viel für einen Mann, aber es nutzt trotzdem viel, wenn er alles nutzt. Und gerade dadurch kommt keine Bindungsverwirrung auf, weil es ja quantitative wie auch qualitative Unterschiede gibt zwischen dem, was sie für Ihren Sohn aufbieten, und was Ihr Mann in der Lage ist zu tun. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 17.04.2013