Frage: Depression siehe Beitrag vom 14.02.2003...

Hallo Herr Dr. Posth! Hab´ Ihr Posting gelesen und würde mich freuen, wenn Sie mir doch nochmal was dazu schreiben könnten! Ich war auch schon bei meiner Hausärztin, die mir nur eine Beruhigungsspritze gab und Blut abnahm und fragte "Wie kann ICH ihnen denn da helfen?" Hab´ übermorgen nochmal einen anderen Termin und war auch schon einmal bei einer Dipl.-Psychologin aber die sagte mir, was alle sagten: "Jeder Mensch macht Fehler - ich müßte mir den Fehler eingestehen und ihn akzeptieren! Auch Babys müssten mal mit Stress fertig werden - es gäbe noch viel schlimmeres - es werden mir in dieser Hinsicht noch mehr Fehler passieren..." Da Sie aber auch zusätzlich noch Kinderarzt sind, würde ich mich darüber freuen, wenn Sie sich nochmal melden würden! Damals dachte ich (abgesehen von der Ferber-Stunde) ich mache fast alles richtig aber im nachhinein, denke ich mir, ich hätte mit dem Einschlafen in den 4-5 Wochen nicht so hart sein müssen und erst gar versuchen müssen seine Zeiten zu verschieben, da ja alles wunderbar geklappt hat... Naja, ich will nicht schon wieder so viel schreiben... Vielen Dank Viele Grüße Witzkatz22

Mitglied inaktiv - 17.02.2003, 21:38



Antwort auf: Depression siehe Beitrag vom 14.02.2003...

Liebe W., leider war meine lange Mail an Sie ein Freßobjekt für meinen PC. Jetzt will ich es noch einmal versuchen. Erlauben Sie mir, die Antwort mit einigen allgemeinen Aussagen zu verbinden. Die von Ihnen angeschnittene Grundproblematik dreht sich meines Erachtens um drei wichtig Begriffe der tiefenpsychologischen Entwicklungspsychologie im Säuglings- und Kleinkindalter. Es sind die Begriffe Anpassung, Abwehr und Verdrängung. Anpassung oder Adaptation ist eine Strategie der Natur in ihren Lebewesen, mit bestimmten Situationen, die objektiv unvermeidbar sind, zurechtzukommen. Anpassung ist also evolutionärer Fortschritt, denn ohne sie könnte die Art nicht überleben. Soweit so gut. Nun kennt die Natur ja nicht wie wir Menschen gut und böse, sondern nur nützlich oder unnütz. Das führt dazu, daß die Anpassung zunächst einmal auch an das Schlechte gelingen kann, solange es nicht der Art elementar gefährlich wird. Die psychische und psychosoziale Entwicklung ist nun eine sehr empfindliche Angelegenheit in der Natur, vielleicht die empfindlichste überhaupt. Daher hat der Mensch zu seinem Schutz die Fähigkeit zur Abwehr entwickelt, und zwar Abwehr von unliebsamen Gefühlen. Diese Abwehrfähigkeit steht dem Säugling aus bestimmten Gründen allerdings noch nicht in einem ausreichenden Maß zur Verfügung. Allenfalls kann er sich durch Ärger und Wut eine gewisse Abfuhr verschaffen. Das tut er dann auch und das müssen seine Bezugspersonen, insb. die primäre Bezugsperson auch akzeptieren. Wird die Abwehr aber überstrapaziert, was bei einem Säugling aus besagten Gründen schnell passieren kann, dann gibt es für ihn noch keine Verarbeitungstechniken, sondern allein den Weg in die Verdrängung. Die Verdrängungsmechanismen setzen also ein, um die unangenehmen Gefühle abzubauen und die Anpassung doch noch möglich werden zulassen. Es wird dann auf tragische Weise eine Anpassung auch an das für ihn Schlechte. Hort der Verdrängungen im Menschen ist sein Unterbewußtsein. Dort hinein gelangen die nicht mehr abzuwehrenden negativen Gefühle über das implizite (selbst nicht steuerbare) Gedächtnis. Auch der Säugling ist schon in der Lage, auf diese Weise Erlebtes abzuspeichern. Er braucht gar keine klare Wahrnehmung von den Auslösern solcher Gefühle zu haben. Das ist das tückische daran. Das Schreien des Säuglings über den Ärger und die Wut hinaus läuft nun Gefahr, über das implizite Gedächtnis die das Schreien verursachenden Gefühle (überwiegend Fremde und Angst)im Unterbewußtsein abzuspeichern. Von dort können diese angstbesetzten Gefühle aber wieder im späteren Leben in allen spannungsgeladenen Situationen auftauchen und Störungen verursachen. Somit erweist sich neben effektiven Belastungen auch der Anpassungsdruck im Säuglingsalter u.U. im weiteren Leben als Bumerang. Das sind die Grundlagen, auf den die Argumente gegen das Schreienlassen basieren. Jedenfalls meine. Die neuesten Erkenntnisse der Neurowissenschaften unterstützen übrigens dieses Modell. Aus Ihrem Schreiben entnehme ich, daß Sie zwar damals Versuche mit der Konditionierungsmethode gemacht haben, diese aber nie konsequent durchgezogen haben, sodaß möglicherweise ein Zustand über das Ärgerschreien hinaus gar nicht aufgetreten ist. Im übrigen wird kaum je ein Leben ganz ohne Enttäuschung und Verlustängste verlaufen können, so daß eigentlich jeder Mensch mit einem gewissen Quantum an Verdrängungen aufwächst. Das gehört dann aber noch in den Bereich der Normalen und sicher Aushaltbaren und sollte nicht Anlaß zur Verzweiflung bei der Mutter oder den Eltern sein. Insofern kann auch Verdrängung ein Teil von Überlebensstrategie sein. (All das findet sich übrigens wieder als Kernfrage bei der Posttraumatischen Belastungsstörung) Ansonsten, und das gilt nun ganz allgemein, gibt es ja noch die Möglichkeit, bei späterer Rückkehr solcher Gefühle (Regressionen) ein anderes Konzept zur Anwendung zu bringen und sein Kind auf diese Weise emotional nachladen zu lassen. Das muß man dann allerdings zu bieten in der Lage sein, notfalls mit Hilfe eines Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Alles Gute und nochmals viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 19.02.2003



Antwort auf: Depression siehe Beitrag vom 14.02.2003...

...mit hart meinte ich nicht, daß wir ihn alleine gelassen haben - das NIE! Wir waren ansonsten immer bei ihm - haben ihn halt nur nicht immer herausgeholt, damit er bei uns einschläft und ihn manchmal im Bett getröstet...

Mitglied inaktiv - 17.02.2003, 21:41



Antwort auf: Depression siehe Beitrag vom 14.02.2003...

...er war doch erst 4 - 4 1/2 Monate alt (jung)...

Mitglied inaktiv - 18.02.2003, 09:21



Antwort auf: Depression siehe Beitrag vom 14.02.2003...

Es tut mir leid wenn meine Worte hart klingen. Das gesagt moecht ich Dich fragen, was Du als antwort erwartest? Du hast ja schon genug Antworten bekommen, dass Dein Kind troz eines "Fehlers" gluecklich und zufrieden leben wird. Moechtest DU etwa ein Problem erzeugen, das nicht exestiert? Fragst Du so lange bis Dir jemand sagt, dass Du dein Kind fuer immer und ewig ruiniert hast? Vielleicht solltest Du mal zu einer Therapie gehen um raus zu finden warum Du dir so viele Vorwuerfe machst.Ein gewisses Mass an selbstkritik und zweifel is ja gesund, aber Du zersoerst Dich ja. Ich hoffe Dir einen Denkanstoss gegeben zu haben und DIch nicht verlezt zu haben. Viel Glueck Inge

Mitglied inaktiv - 18.02.2003, 10:10



Antwort auf: Depression siehe Beitrag vom 14.02.2003...

Ob es jemand mit dem Username "Witzkatz" wirklich ernt meint Also mir kommen ernsthafte Zweifel.

Mitglied inaktiv - 18.02.2003, 13:19



Antwort auf: Depression siehe Beitrag vom 14.02.2003...

Das ist ja jetzt wohl die Höhe!!! Wenn ich es nicht ernst meinen würde, dann würde ich wohl kaum meine eMail-Adresse angeben!!! Seid froh, daß es Euch besser geht - man fühlt sich in solchen Momenten wirklich nicht grade gut!!!!

Mitglied inaktiv - 18.02.2003, 13:28