Frage: Bindungsfrage

Hallo Dr. Posth, ich frage Sie hin und wieder mal um Ihre Meinung/Rat/Einschätzung. Trotz dass ich alleinerziehnd bin,versuche ich meine Tochter (jetzt 2J9M) nach diesem Forum zu erziehen weil mich Ihre Meinung zur "Kindererzieheung und Entwicklung" in meinem Bauchgefühl bestätigt und ich ein (vorallem mein) Kind in ihrere Rreaktion, Verhalten usw.sehr gut verstehe und dadurch nicht so ratlos bin.Dafür ein Großes DANKESCHÖN!!! Zur Frage : Am WE hat meine T. eine Nacht bei meinen Eltern verbracht. Sie berichteten mir wie lieb sie sei und dass sie aufs Wort gehorcht, nie widerspricht, immer super Laune hat, nie trotzt. Als ich sie abholte, freute sie sich und umarmte mich ganz doll und dann war sie (laut meinen Eltern) wie verwechselt.Sie war aufeinmal müde, quengelig, fing bei Kleinigkeiten an zu weinen....für mich "normal" wenn sie unausgeschlafen ist.Meine Eltern und Geschwister jedoch denken eher dass es an mir bzw. meiner Erziehung liegt. Können Sie etwas dazu sagen?DANKE!LG

Mitglied inaktiv - 05.07.2010, 11:34



Antwort auf: Bindungsfrage

Stichwort: alleinerziehend Hallo, ja dazu kann ich Ihnen einiges sagen. Da Sie allein erziehend sind, fehlt Ihrer Tochter ein konstantes Loslösungsvorbild. Das nämlich ist im Normalfall der Familie der Vater. Der Vater sollte dann nach Möglichkeit aber zu Hause täglich erreichbar sein und nicht nur ein Wochenendsvater. Fehlt der Vater und ergibt sich auch aus der Lebenssituation kein Ersatz für ihn, ist das Kind zwangsläufig weiter auf die Mutter bezogen und muss sich seine Selbstständigkeitsentwicklung auf eine eher komplizierte Weise erkämpfen. Solche Kinder sind meist etwas aggressiver eingestellt und zeigen auch aggressive Elemente ihren Müttern gegenüber. Aber auch die regressive Einstellung kommt vor und die äußert sich im Quenglen, Nörgeln, in Lustlosigkeit und manchmal fast depressiv. Die Großeltern geben dem Kind etwas für seine Loslösungsbetrebungen und dementsprechend positiv verhält sich das Kind bei ihnen, es sei denn es hätte kein gutes Verhältnis zu ihnen und sehnte sich nach der Mutter zurück. So etwas kann beim Kind wiederum ein vermeidende Haltung hervorrufen, wenn die Mutter nicht erreichbar erscheint. Mit diesen Erklärungen lässt sich das Verhalten Ihrer Tochter ganz gut einordnen, und es steht die Frage an, wen Ihre Tochter denn als Ersatzloslösungsvorbild gewinnen kann. Eine Mutter kann nicht Bindungsperson und Loslösungsvorbild in einer Person sein. Das ist das Dilemma der allein erziehenden Mutter. Der Vorwurf geht, wenn überhaupt, vor allem an den Vater. Viele Grüße und danke für Ihr Lob

von Dr. med. Rüdiger Posth am 08.07.2010