Frage: Autismus?

Nachdem mich nun einige darauf angesprochene habe und ich es nicht mehr schaffe zu verdrängen, frag ich hier mal nach... Linn ist nun 12 Wochen alt, nimmt keinerlei Blickkontakt mit uns auf, kann sehr schlecht essen (Ernährung hauptsächlich über Magensonde), lacht nicht, brabbelt nicht, greift nicht. Alle anderen in dem Alter tun das schon alles. Sie verschluckt sich ständig, kann aber sehr gut abhusten, wohl kaum Aspirationsgefahr, zum Glück. Sie regt sich immer viel auf, schwitzt sehr dabei. Nachts schläft sie oft erst wieder ein, wenn man sie ganz feste an sich gedrückt hält. Sie liegt nicht gerne alleine einfach so im Bett, hängt meistens auf unsren Armen herum. Die Schwangerschaft war problemlos, Geburt auch normal, nach der Geburt respiratorische Anpassungsstörung und "Zittern" (keine Krämpfe). Diagnostiziert wurde bisher nur eine Kleinhirnhypoplasie, die aber wohl nicht alles erklärt. Mit 2 Wochen hatte sie mehrfach Apnoen mit Sättigung unter 60%, deshalb haben wir einen Monitor zuhause. Ich wollte so gerne Tragetuch targen, aber mag sie kaum. Kann das auf Autismus hindeuten.. passt irgendetwas gar nicht dazu? Grüße Anneke

Mitglied inaktiv - 18.05.2004, 20:39



Antwort auf: Autismus?

Liebe Anneke, das, was Sie an Ihrer Tochter beobachten, hat nichts mit Autismus zu tun, sondern sind allesamt typische Zeichen für eine Kleinhirnhypoplasie. Diese lauten: Trinkschwäche, Tonusstörungen (Muskelspannung), Hyperkinesien (Zittern und u.U. sog. cerebellar fits)sowie Retardierung (verlangsamte Entwicklung). Das cerebellare Dysplasie-Syndrom (CDS) ist wenig bekannt, da es insg. eher selten ist. Wichtig ist die Unterscheidung zu Verbidnungen mit cystischen Veränderungen der hinteren Schädelgrube, die aber im MRT hätten sichtbar werden müssen. Wichtig ist auch die Abgrenzung zum Joubert-SYndrom, bei dem auch der Hirnstamm betroffen ist und insg. "verschmächtigt". Solche Kinder haben episodische Atemstörungen mit einem Wechsel von schneller und langsamer Atemfrequenz. Bitte hierauf noch einmal Ihr SPZ ansprechen wegen der vorangegangenen Apnoen. Nur nebenbei: Über dieses Thema habe ich seinerzeit promoviert, als die Einzelheiten noch ziemlich unbekannt waren, weil es weder CT noch MRT gab. Frühförderung und neurophysiologische Krankengymnastik sind wichtige Hilfsmittel in der Therapie. Viele Kinder, die nicht so stark betroffen sind, weisen in ihrem Leben letztlich eine annähernd normale Entwicklung auf! Alles Gute

von Dr. med. Rüdiger Posth am 21.05.2004



Antwort auf: Autismus?

Hallo Anneke, ich bin zwar kein Experte, aber ich denke, daß Linn den Körperkontakt liebt, scheint mir gegen Autismus zu sprechen. Ich habe mir mit unserem heute 22 MOnate alten Sohn fast ein Jahr lang die selben Sorgen gemacht (wg. Autismus) da er auch nicht gelächelt hat, keinen Blickkontakt gehalten hat usw. Dieses hat sich immer mehr gebessert, inzwischen ist er recht vergnügt und verschmust. Diese Sorge mache ich mir nun also nicht mehr. Allerdings sind wir schon ziemlich früh von unserem Kinderarzt an die Kinderklinik überwiesen worden um allerhand Diagnostik auszuführen, vor allem um Stoffwechselkrankheiten auszuschließen (von denen ja manche behandelbar wären) und weitere Diagnostik (EEG, Kernspin des Kopfes, überhaupt der ganze Kerl von oben bis unten durchgecheckt). Bei uns ist keine richtige Erklärung gefunden worden für die Diagnose "Verzögerung der Gesamtentwicklung". Ich würde dir also raten, möglichst schnell, falls dein KiArzt zur Kategorie "das wird schon noch" gehört, einfach um Überweisung zu einem SPZ (Sozialpädiatrisches Zentrum) zu bitten, die können dann weitere Untersuchungen koordinieren. Ich will dir keine Angst machen, aber es wäre doch schlimm, wenn du dir mal vorwerfen müßtest, irgendwas verpaßt zu haben. Alles Gute Brummi mit Sohn (22 Mon., gegenwärtig entwicklungsmäßig auf dem Stand von 12 Monaten)

Mitglied inaktiv - 20.05.2004, 22:07



Antwort auf: Autismus?

Wir sind bereits im SPZ und bei der Physiotherapie und bald fängt Frühförderung an, worauf wir uns freuen, die waren alle sehr nett und mal etwas "umnmedizinischer" udn unser KiA unterstützt das alles. Linn war gleich nach der Geburt auffällig und beim Schädel-Sono ist dann auch das kleine Kleinhirn aufgefallen und dann ein MRT gemacht worden. Im Moment kuschelt Linn soo gerne, das ist schön.. als hätte sie bemerkt, dass wir uns in der Richtung Sorgen machen ... LG Anneke

Mitglied inaktiv - 20.05.2004, 23:41



Antwort auf: Autismus?

Wieso haben Sie per Internet eine Diagnose und die Neuropädiater an der Uni Jena nicht nach fast 4 Wochen Aufenthalt? Aber ich glaube, ich habe CDS schon mal gehört bei ihnen. Das MRT ist in Weimar gemacht worden und die haben die Bilder mitgegeben, die den Ärzten in Jena allerdings zu klein waren. Sie wollten sich noch die Brücke angucken, was sie da abklären wollten, hab ich vergessen. Ihc war in Weimar dabei und ich weiß, dass es nichts zystisches gab, da hatten sie auch irgendne Differentialdiagnose (es waren soviele, habe nicht alle verfolgen können). Linn hatte schon 3x Polygraphie, aber leider weiß ich nicht mehr als, dass es am Anfang ein extreme Unreife der Atemregulation war und jetzt nur soweit gebessert ist, dass wir kein Theophyllin mehr geben müssen, aber noch nicht ok, Kontrolle in 2 Monaten. Die längsten Apnoen dort waren 17 s. Wegen abwechselnder AF weiß ich jetzt nichts. Hier zuhause auf dem Monitor hat sie im Schlaf unter 20, teilweise unter 10. Wach und aufgeregt kann es hochgehen bis 60-70. ich hab nun 1000 Fragen ;-) Linn hat keine Schwäche beim Trinken, sie kann schlucken und saugen, es aber nicht so koordinieren, dass es klappt.. sie verschluckt sich sehr, hat aber einen guten Hustenreflex. Passt das? Und wie entwicklet sich das, wird sie essen und trinken können, oder werden wir auf Dauer eine Sonde brauchen? Passt denn auch dazu, dass sie sich viel aufregt und sehr schwitzt dabei? Schilddrüsenwerte hab ich noch nicht, die wurden grad erst abgenommen. Was sind cerebellar fits? Habe Sie Literatur zu dem Thema? Gerne fachliche, bin Medizinstudentin und werde es verstehen, denke ich zumindest ;-) Was wäre denn, wenn ein Kind stark betroffen wöre? Wenn ich es richtig verstehe, wird es aber eine Entwicklung geben. Langsamer, aber es kommt noch mehr, als jetzt da ist.. das hilft uns schon mal sehr. Es ist nicht wichtig, dass sie sich wie andere Kinder entwickelt, aber irgendeine Fortentwicklung.. Geht es nur um motorische Retardierung? Wie ist es mental? Ist das Nicht-Blick-Kontakt-Aufnehmen eine Verzögerung oder bleibt das oder eine Wahrnehmungsstörung, wie mir einige schrieben? Sorry, dass ich Sie so löchere, aber es hat noch nie jemand was gesagt, was so gut auf Linn passt wie ihre Beschreibung! Sicher sind die Fragen auch viel zu konkret, dass man sie nicht beantworten kann... Sie können mir aber auch gerne einfach Literatur geben, dann les ich selbst nach. Vielen Dank erstmal! Ich werde es bei unsrem Arzt im SPZ ansprechen! Liebe Grüße Anneke

Mitglied inaktiv - 21.05.2004, 22:03



Antwort auf: Autismus?

Hallo, die vielen Fragen könnte man erst beantworten, wenn die Diagnose klar ist. Allerdings stellen sich auch dann noch Schwierigkeiten ein, weil sich Kinder, die mit einer Kleinhirnstörung belastet sind, sehr unterschiedlich entwickeln. Es gibt sogar Fälle, da ist im Leben so gut wie überhaupt nichts aufgefallen und die Aufdeckeung dieses Befundes kam durch eine Obduktion (aufgrund einer anderen Todesursache) zustande. Sehr viel hängt davon ab, ob a) die Großhirnfunktion große Teile der Kleinhirnfunktion übernimmt (hierin liegt die Chance von neurophysiologischen KG-Behandlungen und Frühförderung). Und b) was genau im Kleinhirn betroffen ist. Ist z.B. der Kleinhirnwurm betroffen oder sogar fehlend, muß man von einem Joubert-Syndrom ausgehen. Da gehören dann "Wackelbewegungen" der Augäpfel hinzu (Nystagmus, Opsoklonus) und die episodischen Atemstörungen. Kleinhirnentwicklungsstörungen können auch Teil komplexerer Störungsbilder sein, wobei dann häufig andere Augenstörungen im Verbund auftreten. Z.B. Katarakte (Linsentrübung). Daher sollten unbedingt die Augen genau untersucht werden! Mit dem Begriff Wahrnehmungsstörung kann man hier nicht operieren. Das trifft das falsche. Über Kleinhirn gibt es bei google zahllose Seiten, die seine Funktion und Stellung in ZNS beschreiben. Wird die Diagnose Joubert-Syndrom gestellt, gibt es hierzu auch zahlreiche Seiten und eine Selbsthilfegruppe. Cerebellares Dysplasie-Syndrom ist in der wissenschaftlichen Literatur ein eher selten gebrauchter Begriff. Meistensteils versucht man, die Kleinhirnstörung mit anderen Auffälligkeiten im ZNS, die andere Namen tragen, in Verbindung zu bringen. Der pons, resp. die Brücke, gehört übrigens zum Hirnstamm. Bitte berichten Sie mal, was diagnostisch und therapeutisch weiter herausgekommen ist. Alles Gute

von Dr. med. Rüdiger Posth am 22.05.2004



Antwort auf: Autismus?

Ja, klar, ich werde mich wieder melden!! Einen Nystagmus hat sie nicht. Ich hatte mich vertan.. den Hirnstamm hatten sie schon beurteilt, der war wohl ok. Es ging um den Balken, den sie sich anschauen wollten, der war auf den zu kleinen Bildern nicht zu erkennen... Nach Pfingsten haben wir wieder Termin im SPZ. Jetzt sind wir erstmal ne Woche bei meinen Eltern in Urlaub. Vielen Dank! Anneke

Mitglied inaktiv - 22.05.2004, 21:06